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DICHTUNGEN
DER TROBADORS
AUF GRUND ALTPROVENZALISCHER HANDSCHRIFTEN
TEILS ZUM ERSTEN MALE KRITISCH HERAUSGEGEBEN
TEILS BERICHTIGT UND ERGÄNZT
VON
prof. dr. ADOLF KOLSEN
FRÜHER DOZENT AN DER KÖNIGL. TECHN. HOCHSCHULE ZU AACHEN
1. HEFT
(Nr. 1 — 16)
HALLE (SAALE)
VERLAG VON MAX NIEMEYER
1916
Die Hefte erscheinen
in freier Folge
Einzelpreis des Heftes M 3,60
Subskriptionspreis M 3,—
Inhalt des 1. Heftes.
Nr
. I
= Gr.
M
2
= Gr.
«
3
= Gr.
»
4
(B. Gr.
»
5
= Gr.
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6
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8
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13
= Gr.
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14
= Gr.
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IS
= Gr.
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16
= Gr.
Seite
167,29 G. Faidit, Ges noTn tuelh 3
124, 9a Daude de Pradas, El temps 9
384,1 (432,3) Prebostu. Savaric, Savaric, e'us deman 14
S. 41) Graf v. Anjou, Domna, vos m'avez 21
236, 5 G. de la Tor, Plus qe las domnas 31
236, 9 G. de la Tor, Si mos fis cors 35
173, 11 G. dePoicibot, S'ieu anc jorn 39
9, 3 Aim. de Belenoi, Aissi quo*l pres 45
9, 15 Aim. de Belenoi, Per Crist 52
392,26 (9, 13a) Aim. de Belenoi, Nuls hom .... 56
231,4 G. Rainol d'Apt, Quant aug chantar .... 61
389, 17 R. d'Aurenga, Assatz m'es belh 66
343, I P. de Gavaret, Peironet, en Savartes .... 72
340, 1 P. d e Durban, Peironet, ben vos es pres . . . 75
95,1 LoVesquesdeClarmon, Coms, que vol enseignar 78
48, I B, de Poizrenger, Mal'aventura 80
Gr. 9, 3 Nr. 8; 9, 13a Nr. 10; 9, 15 Nr. 9; 48, I Nr. 16; 95, 1 Nr. 15; 124,9a
Nr. 2; 167, 29 Nr. 1; 173,11 Nr. 7; 231,4 Nr. 11 ; 236, 5 Nr. 5; 236, 9 Nr. 6;
340,1 Nr. 14; 343,1 Nr. 13; 384,1 Nr. 3 ; 389, 17 Nr. 12; 392,26 Nr. I O;
432,3 Nr. 3. — B. Gr. S. 41 Domna, vos m'avez Nr. 4.
?yiM2
Vorwort.
Eine Anzahl bisher noch ganz oder teilweise unedierter
Trobadorlieder, die im Verlaufe provenzalischer Forschungen
irgendwie mein Interesse erregten, habe ich, sobald mir genügend
handschriftliches Material zur Verfügung stand, zwecks Herausgabe
zu rekonstruieren versucht. Bei diesen textkritischen Arbeiten
traf ich in den Handschriften auf immer mehr Gedichte, die mir
der Bearbeitung wert erschienen. So kam ich darauf, den Plan
Mahns (MW. I, S. XX), „sämtliche Werke der Troubadours, soweit
sie nur irgend zugänglich sind oder noch werden, zu einem Ge-
samtwerk zu vereinigen und in mehreren Bänden herauszugeben",
wiederaufzunehmen und beschlofs, seiner vierbändigen Reihe der
„Werke der Troubadours", mit der er sich um die Förderung der
altprovenzalischen Studien ein bedeutendes Verdienst erworben hat,
meinerseits in den „Dichtungen der Trobadors" einen oder wo-
möglich mehrere Bände hinzuzufügen. Was ich an Texten schon
jetzt fertig liegen habe, und das, was künftig noch hinzukommt,
gedenke ich darin allmählich zugleich mit Übersetzung und Kom-
mentar der Öffentlichkeit zu übergeben. Gelegentlich sollen auch
Gedichte, die schon anderweit ediert worden sind, aus etwa noch
unbenutzten Handschriften ergänzt und berichtigt werden. Einige
Lieder, deren Veröffentlichung inzwischen von anderer Seite für
bald oder später angekündigt wurde, habe ich, soweit die Texte
durch mich bereits ganz fertiggemacht waren, doch bringen zu
sollen geglaubt; andere aber, deren Wiederherstellung zurzeit noch
nicht abgeschlossen ist, habe ich bis auf weiteres zurückgestellt.
Bei der Art des Entstehens dieser Sammlung kann die
Reihenfolge der Dichtungen immer nur eine mehr zufällige
sein; öfters werden freilich mehrere Erzeugnisse eines und des-
selben Dichters aufeinander folgen.
Kolsen, Dichtungen der Trobadors. I
Es wird beabsichtigt, insofern die Verhältnisse das gestatten,
von Zeit zu Zeit in sich abgeschlossene und auch einzeln
erhältliche Hefte von je fünf Bogen erscheinen zu lassen.
Fünf solcher Lieferungen sollen dann einen Band mit den
üblichen Registern bilden.
Ich hoffe, dafs das nicht ohne Schwierigkeit ins Werk ge-
setzte Unternehmen bei den Liebhabern der provenzalischen Sprache
und Literatur dieselbe freundliche Aufnahme finden möge wie der
erste Teil meiner Giraut- Ausgabe, deren zweiter Teil voraus-
sichtlich nicht allzu lange nach Beendigung des Krieges er-
scheinen wird.
Berlin W. 30, den 25. Juni 1916.
Adolf Kolsen.
1.
Gaucelm Faidit,
Ges ncrm tuelh (Gr. 167, 29).
,480(226), C61 (MG. 466), Z?34, .ff 14 (MG. 467), «156
(Rlr. 44, 515). — Text und Orthographie nach C.
Strophenfolge :i 23456-46?«.
1 3 5 2 4 6 i?.i
1423 D.
Die fünf Hss., in denen sich das Gedicht findet, zerfallen in
die Gruppen A C a und D R. Den Anlafs zu dieser Einteilung
bietet aufser der Strophenfolge der v. 40, wo es sich um me : Präsens
von menar und nicht wie bei D R um das v. 18 schon im Reime
stehende Pronomen handelt, sowie v. 14 u. 36 mit ihren Varianten.
D allein entbehrt der Str. V u. VI, und es weist erhebliche Fehler
auf in v. 27 mit dem bereits in v. 14 vorhandenen Reimwort rete,
in v. 31 mit dem aus v. 5 wiederholten ve = venu und in v. 49
mit chantadors. R ist noch in v. 6 und 62 fehlerhaft. D hat mit
a in v. 18, R mit A in v. 8 für die Feststellung ihrer Verwandt-
schaft weniger wichtige Fehler gemeinsam. A zeigt an anderer
Stelle des Gedichtes verwendete Reimwörter in v. 5 (ave, v. 53)
und in v. 25 (amor, v. 64). Fast tadellos ist allein Hs. C, die ich
denn auch dem Texte zugrunde lege.
Das Gedicht, eine Kanzone, besteht aus 5 dreizehnzeiligen
coblas unissonans und einer sechszeiligen tornada. Sein Schema
öabababaccdcdc steht als unicnm bei Maus unter Nr. 247.
Es erscheinen zweimal, aber immer von verschiedenem Ursprung,
die Reimwörter ve, v. 5 „kommt" und v. 31 „sieht", me, v. 18
„mich" und v. 40 „ich führe", und apais (v. 24 von apaisser, 3. P.
sing. ind. praes., und v. 47 von apaissar, 3. P. sing. conj. praes.);
im Geleit kehren jays aus v. 9 , verqys aus v. 1 3 und senhor aus
v. 36 im Reime wieder.
1 Vielleicht hat der Schreiber von R oder seiner Vorlage die zuvor auf
einer Seite in der Anordnung 1 4
2 5
3 6
geschriebenen Strophen nicht zuerst von oben nach unten kopiert, sondern
fälschlich immer auf die linke die rechtsstehende Strophe folgen lassen, so
dafs sich diese Reihenfolge für R ergab.
I*
4 Nr. i. G. Faidit,
I. Ges no*m tuelh nrm recre
De solatz ni de chan
Nrm desconort en re
Per perda ni per dan
5 Ni, quant avers mi ve,
No m'en do joy trop gran;
Qu'enaissi s'esdeve.
Pero d'ir'e d'esmays
Sui yssitz; q'us rics jays
10 De midons, cui ador,
Mi ven al cor e-m nays
Entiers, ples de doussor,
Fis, valens e verays.
IL Hai, quan gen mi rete
15 La belha, cuy reblan,
Quan del cor mi sove
Qu'ilh m'emblet sospiran,
Quan alenet vas me,
E ma bocha bayan,
20 E'l cor seguet l'ale!
Qu'ab aital gienh lo*m trays
E quar aquelh dous bays
M'ac tan doussa sabor,
La belha, que m'apais,
25 Fetz m'apres tän d'onor
Qu'anc pueis joys no*m sofrays.
III. Aquest joys mi reve
E m'a gitat d'afan
E'm renovel'e'm te,
30 Don m'esbaudey chantan.
I. 3 en] de Ä 4 perdas Ra 5 auer R a; men ue R, maue A
6 men ue ioya g. R 7 Qen aissim D\ sendeue A, deue D 8 desmai AR
9 essuz D 12 E.] Clars e D; plen R 13 Finz a, Fin R; ualen R
II. 14 A Z>; tan g. D R 17 Que m'e. DA 18 a. uos D; se Da
19 En R; baisan ADRa 20 cors AD 21 Ab R\ lentrais Aa
22 aqels D; dos R 23 dossa R 24 qi a, cui D 25 Fes R, Fei a;
damor A 26 a. p. non D\ sostris a
III. 27 ioi D, iays R; rete D 28 girat A 29 E malegra em soste D
30 D. mesbaudi R, Per qem conort D
Ges no-m tuelh (Gr. 167,29).
La belha sap e ve
Que mi ni mon talan
No lueng de sa merce
Ni"m cambi ni'm biays;
35 Ans quar Amors m'atrays
A tan honrat senhor,
Li fatz fi del pantays,
Don m'a fag sofridor
Manhs jorns e manhs essays.
IV. 40 Per Heys am joy e me,
Que'l sui fis merceyan,
Quar finamen e be
Vai sos pretz enansan
E l'onor, qu'ilh mante,
45 E#l gay cortes semblan
Son de joi e cove
Qu'amors e joys l'apays,
Et es tan sos cors guays
Que l'auzelh chantador
50 S'en alegron pels plays
E n'an gaug entre lor
. E*n fan voutas e lays.
V. E pos aissi s'ave
Que'l platz que m'honor tan,
55 Conques m'a per jasse
A far tot son coman;
Quar de cor e de fe
31 Per lo ben qem ue D 33 Nos part d. D 34 camie A,
camgi R, uire D 36 Ab t. h. a, Abitant h. A, Tan auinenz D, Tan
auinen R 37 111 perdon les esglais D 38 Dom ma D 39 M. j. en A,
Lonc temps ab D; assais ADRa
IV. 40 am] ai D, es R; ioys R a; ab me D R 41 Qeil soi fiz a,
Qiel soplei A, Cui soplei DR 42 Q. finamenz £>, Onradamen R 43 son D;
e.] ad enan ARa, meilloran D 44 Quel be quela Ä, E lo iois qem D
45 gais a, seu D 46 iois e c. a, leys cay ab se R 47 Qamor a; ioy R
48 son DR; iais D, gai R 49 auzels a; chantadors D 50 pel R,
per Da 51 ioy R, iois D; lors a 52 E f. D a
V. fehlt D 54 quem onre R, que monte Aa 56 Per f . A a
VI.
Nr. I. G. Faidit,
L'am si que tan ni quan
No vir alhors mo fre
60 Nrm desrenc ni m'eslays,
E si per estz fals brays,
Que fan lausenjador,
No's camja ni s'irays,
Pro m'esta miels d'amor
65 Qu'a Floris el palays.
Us avinens, rics jays
Fis, Valens e verays
A n'Agout, mo senhor,
Sobr'autres tan e mays
70 Cum a mais de, valor
D'un veir'us rics balays.
58 si] fi a
62 lauzengadors R
VI. fehlt D
tans C, atretan A a
uers A ; ric A C R
60 Ni'm] Ni A\ derenc a 61 p. est CR, pelz a
65 flori A
66 Un auinen R 67 Fiz a, Fin R; ualen R 69 a.
71 De veirs a, Deuer A, Don uey R; un CR,
I. Trotz Verlustes und Schadens verzichte ich keineswegs auf
Kurzweil und Gesang noch verliere ich deshalb irgendwie den Mut,
und anderseits gerate ich vor Freude über einen Gewinn * nicht
aufser mir; so ist es eben!2 Von Kummer und Unruhe bin ich
aber erlöst; denn seitens meiner von mir angebeteten Herrin wird
meinem Herzen eine köstliche, vollkommene, höchst angenehme,
reine, treffliche und wahrhafte Freude zuteil.
II. Ach, mit welcher Freundlichkeit nimmt die Schöne, der
ich diene, mich auf, wie mufs ich daran denken, dafs sie mir, dem
schmachtenden Liebhaber, das Herz stahl, als sie, meinen Mund
küssend, mir ihren Atem zuwehte und das Herz dem Atem folgte!
Denn so listig raubte sie es mir, und da mir jener süfse Kufs so
süfs schmeckte, so erwies meine schöne Gönnerin mir hernach soviel
Ehre, dafs es mir seitdem nie an Freude fehlte.
III. Diese Freude erquickt mich, sie hat mich von Leid
befreit, macht mich jung und hält mich fest; deshalb erfreue ich
mich am Singen. Die Schöne weifs und sieht, dafs ich mich und
meine Liebe ihrem Wohlwollen nicht entziehe, auch dafs ich nicht
J) „wenn mir Besitz zukommt".
2) „denn so trifft es sich".
Ges no'm tuelh (Gr. 167,29). 7
unbeständig bin und nicht auf Abwege gerate; da mich die Minne
aber einem so trefflichen Gebieter zuführte, so verzeihe ich ihr
(der Minne) die Pein, die sie mich oft bei vielen Bemühungen hat
erdulden lassen.
IV. Um ihretwillen, der ich, da sie mir Gnade erweist, die
Treue halte, bin ich lustig und vergnügt; denn da sie auf Ehre
hält,1 steigt ihr Wert bis zur Vollkommenheit; ihre heiteren, edlen
Mienen rühren von der Lust her, und es gehört sich, dafs Liebe
und Freude sie sättigen; ihr Körper aber ist so frisch, dafs die
Singvögel in den Hecken ihr Wohlgefallen daran finden, und sie
freuen sich miteinander über sie und singen von ihr ihre mannig-
fachen Lieder.
V. Und da es sich so trifft, dafs es ihr beliebt mich zu ehren,
so hat sie mich für immer gewonnen, ihr in allem gehorsam zu
sein; denn ich liebe sie so herzlich und treu, dafs ich mich
durchaus keiner anderen zuwende noch mich vergesse und meinen
Wünschen die Zügel schiefsen lasse, und wenn sie trotz des falschen
Geschreis, das die Verleumder erheben, nicht wankelmütig und
ärgerlich wird, so ergeht es mir betreffs der Liebe viel besser, als
Floris im Palast.
VI. Herrn Agout, meinem Gebieter, geht eine angemessene,
köstliche, lautere, treffliche und wahrhafte Freude so sehr und mehr
über andere, wie ein kostbarer Bailasrubin mehr Wert besitzt als
ein Stück Glas.
Robert Meyer, Das Leben des Trobadors G. Faidit, S. 53,
schliefst aus v. 24 — 26, dieses Lied könne sich nur auf Jordana
d'Ebrun beziehen. Ist dem so, so wäre es in der Zeit von 1204
bis 1206 entstanden, nachdem der Dichter Maria von Ventadorn
als Geliebte aufgegeben hatte und bevor er Margarida d'Albusso
zu besingen anfing.
4. per hier und in v. 61 „trotz"; s. Tobler, Verm. Beitr. 22, S. 26.
18 — 21 zitiert Raynouard 2, 84, 2.
19. Auch in Gr. 167, 53 I (MW. 2, 90) tut der Dichter des
von der Geliebten erhaltenen Kusses Erwähnung mit den Worten
Lo Jörn que'm retenc baizan. — bayar in C ist = baizar; s. Levy,
Sw. 1, 1 19 b.
20. E-l cor segnet Vale. Soll das bedeuten, sein Herz sei dem
zu ihr zurückgekehrten Atem gefolgt? Oder will der Dichter sagen,
durch den Kufs sei ihm der Atem und zugleich das Herz von der
Dame geraubt worden? Vgl. die Redensart tolre Valena Appel,
Chrest., St. 24, 24 und tolre sen et alena Lex. rom. 2, 84, 4.
24. „Die Schöne, die mich nährt" ist die, die mir Gutes
erweist, die mir gewogen ist, die Gönnerin. So bedeutet russ.
x) „bei der Ehre, die sie aufrechterhält".
8 Nr. i. G. Faidit, Ges. no'm tuelh (Gr. 167,29).
KOpMHJieBfB zunächst „Ernährer, Verpfleger", und dann volkstümlich
auch „Wohltäter".
2J. revenir „beleben, stärken, erquicken" Sw. 7, 313, 10. Über
trans. revenir vgl. ferner Appel, BVent. S. 102 zu v. 44.
35. Auch für afz. ains findet sich bei Godefroy die Be-
deutung „mais".
36. Dafs senhor „Gebieter" auf die geliebte Dame bezogen
werden kann, zeigt nicht nur der Versteckname Senhor (Bei S),
den Giraut von Bornelh seiner Geliebten gibt (vgl. G. v. B., Berlin
1894, S. 25), sondern auch die Stelle in der Giraut-Ausgabe
Nr. 36, v. 99 ft. : E, pos ?nos Sobre-Totz s'atrai Vas una do?n?ia, Va
senhor, Cui prei'e preza.
37. faire fin a alcn de entspricht dem perdonar alc. re a alcu
der Hs. D ; s. fin „ accord, paix " in Levys Pet. Dict.
40. vienar joi „jubeln, jauchzen"; vgl. m. dol „jammern, klagen"
Sw. 2, 266, 2.
59 — 60 zitiert Raynouard 5, 83a und übersetzt: „Je ne tourne
ailleurs mon frein ni m'ebranle ni m'elance". Meines Erachtens
ist hier desrengar „die Schranken überschreiten, sich vergessen",
was es wohl auch in Levys Zitat, Sw. 2, 107 b (= Sordel, ed. De
Lollis 18, 31, S. 174) Peire Gilhem, vos der r engatz A lei d'otne cui
jois non platz bedeuten dürfte.
61 — 66 hat A. Tobler in seinem Vortrag „Ein Minnesänger
der Provence" (Verm. Beitr. 5, 140) in deutsche Verse gebracht,
welche lauten :
„Wenn der Verleumder Chor
Und ihrem Lügenheer
Sie fest verschliefst ihr Ohr,
So dank' ich Liebe mehr
Als im Palaste Flor."
Tobler ist der Ansicht, dafs Gaucelm hier, am Schlüsse des „sonst
lauter Seligkeit atmenden Gedichtes", doch fürchte, die Dame
könnte dem Geschrei der Verleumder Glauben schenken und sich
von ihm lossagen. Aber will nicht der Dichter auch hier seiner
Überzeugung von der steten Treue seiner Geliebten Ausdruck
geben ? Er meint doch wohl : Wenn sie trotzdem nicht wankel-
mütig wird — und sie wird es eben nicht werden! — , so
kann er zufrieden sein. Bei dieser Auffassung schwindet dann auch
der Widerspruch mit den von Tobler ebenda bezeichneten, die
gilos betreffenden Versen aus Gaucelms Gedicht Pel ?nessalgier
(Gr. 167, 46; MG. 492, VI):
Que ja non er que per [la] lur devinalha
Bona domna lays son amic coral.
65. Floris el palais. Der Dichter spielt auf die Sage von Flore
und Blancheflore an; er vergleicht sein Glück mit dem des Flore
Nr. 2. Daude.de Pradas, El temps (fehlt im Gr., nun = 124,9a). 9
bei seinem endlichen Wiedersehen mit seiner Geliebten im Palaste
des Sultans zu Babylon. Vgl. dazu Tobler a. a. O. und Junker,
Gesch. d. frz. Lit. §72.
66 — 71. Tobler versteht den Inhalt der tornada (S. 141) so,
dafs der Dichter seinen „freundlichen Gönner über dessen
Standesgenossen stellt, so hoch als ein Edelstein über ge-
meinem Glase stehe". Der nunmehr hergestellte kritische Text
läfst aber erkennen, dafs Gaucelms Vergleich wohl eher auf die
höheren und gemeineren Freuden zu beziehen ist.
66 — 67 sind = v. 9 und 13.
68. Über G. Faidits Gönner Agout s. Diez, L. u. W.2, S. 305
und R. Meyer, G. Faidit, S. 46 f.
71. im veire. Der unbestimmte Artikel bei Stoffnamen be-
zeichnet einen Teil des Stoffes; vgl. Diez, Gramm., S. 784.
2.
Daude de Pradas,
El temps (fehlt im Gr., nun = 124, 9 a).
A \22 (350, Arch. 33,462, MG. 1050; Daurde depradas), -Ö56
(Deode de Pradas), H 8 (26; Deude de prades), N 130 (MG. 1049;
Deudes de prades), a1 490 (239; Vaude de Paradas). —
Nicht benutzt: C167, E 121, YJ/169, i?3i. — Text und
Orthographie nach A.
D II N haben in v. 22 nicht la clau, sondern D: las claa und
II N das schon in v. 19 vorkommende Vesclan; in diesen drei
Hss. steht auch in v. 2 1 anf statt on ; in D II heifst es in v. 48
tom viatge für fai (ten) ton v. Diese und weitere Abweichungen,
wie in v. 2, 9, 12 und 31, reichen aber für eine Gruppierung der
Hss. kaum aus. Als besonders zuverlässig erweist sich Hs. A, die
denn auch dem Texte zugrunde gelegt ist.
Das Gedicht, das in v. 48 chansos genannt wird, umfafst fünf
neunzeilige coblas nnissonans und eine dreizeilige tornada. Sein
Schema 8abbaccdde^ findet sich bei Maus unter Nr. 546,6. —
Zweimal im Reime kommt dolh (doleo) in der nämlichen Bedeutung
vor, v. 30 und 39, sowie volh v. 1,2 als Subst. (s. d. Anm.) und
v. 29 als Verb.
IO Nr. 2. Daude de Pradas,
I. El temps que'l rossignols s'esgau
E fai sos vers sotz lo vert fuoill
Per sa pareilla, qan l'acuoill,
N • om laiss' Amors estar soau,
5 Anz vol q'ieu chant, o vuoill'o no
Cill que m'a tengut en preiso
Tant longamen c'apenas sai
Si poirai viure, si'm n'estrai,
Que mais non torn en son estatge.
IL 10 Ab bei semblan et ab cor brau
A tengut eil, cui amar suoill,
Aissi lonc temps mon cor en vuoill
Que l'uoill m'en son tornat tot blau.
Totz hom q'en amor s'abando
15 En trop ric luoc, sap per razo
Cal angoiss'a ni cal mal trai
Qui ama so que no'ill eschai,
Si merces no'i forssa paratge.
III. De Joi-Novel segiei l'esclau,
20 Tro fui vengutz a son capduoill,
On mi mostret tant gran orguoill,
Cum si tengues del mon la clau.
Del covinen mi fetz tenso,
Cais que disses enoia pro,
25 S'ab pessamen cortes e gai
Vos sai donar joi et esmai
E-us fatz plazer vostre dampnatge!
I. I AI H; rosignol D N 2 f. s. lais D H N aS 3 parilla D
4 Non H, No N; las D H 5 eh. vuoilla (uoill D) A D H 6 Cel N;
preso H 7 a pena H 8 Sim H, Sin N; poiria D H\ sen H N; m'e.
DHN 9 ostatge AD H
II. ioAa1 11 cel AD HN 12 Asi D H\ m. c. 1. t. D H Na1;
e duoil D 13 Qeil li oeill a1; me s. Rayn,, Lex. 2, 226 a; tuig a>
14 amar al 15 E D; louc N, leuc D 16 engoissa ni H, engoxa ni D;
t. fehlt D 17 non e. al 18 m.] amors N
III. 19 D a1; segue D 20 Truep a1; sui Ha1; uengut H 21 Anc
mi DHN 22 Co H, Cho D; läse. D, lesclau HN 23 De Na*;
couinet H\ fes H N; tezon D, renson al 24 Caix D H, Cainz A; e no
i a p. D, e. me pron a1 25 Sap D N
El temps (fehlt im Gr , nun = 134, 9 a).
IV. En greu pantais viu et estau
E res no m'aven de qant vuoill
30 Ni garir d'aiso don mi duoill
Non puosc, s'a Bel-Desir non vau
Qerre capteing contra leo
Qe*s fiza tant en sa faisso
Que so que 's vol fai e desfai,
35 E trob l'ancse de pejor plai
On plus li sui de franc coratge.
V. Ab tal agur intrei e nau
Lo jorn qe*m mostreron miei huoill
Una falsa ren, don mi duoill;
40 Que d'amor muor e si m'en lau?
Anz mais hom tant marritz no*n fo.
C'autras no m'ant ni mieus non so,
E puois autre ni ieu no m'ai,
Ben pot saber ,no m'aura maü'
45 Cill que no volc mon homenatge.
VI. A mon amic, vas cui s'atrai
Pretz e valors en tot cant fai,
Chanssos, ten ton primier viatge!
1 1
IV. 29 Et ies non a. a1 30 guerrir a1 31 sab a1; des D\ non
au D N ax 32 conlral 1. Na1 33 Quis II N, Qeis A; en la D
34 queis A, que Na1, qel H; faire e D 35 lance D II 36 li fui H,
li fai D
V. 37 augur H, aguir N; entrei D; enau Na1, en au«//, enan D
38 ne oill D 39 A ma f. al ; dun me H 40 damors N; muor fehlt D
41 Anc AD Na1; on t. a1; non fo fehlt al 42 Ca. non man ne meu D,
Caltre no ma ni m. N, Cautres non am ne m. H, fehlt al 43 autres a1,
altra N 44 Bern D 45 Sil D; uol N\ omanaie N
VI. 46 ue cui al 47 ualor N; e t. D II N 48 t. t.] fai t. A,
torn D H
I. Zu der Zeit, wo die Nachtigall vergnügt ist und das
Männchen unter dem grünen Laub für sein Weibchen, wenn es
ihn bei sich aufnimmt, seine Lieder singt, läfst Minne mich nicht
still sein, vielmehr will sie, dafs ich singe, gleichgültig, ob diejenige
es wünscht oder nicht, welche mich so lange in der Haft gehalten
hat, dafs ich kaum weifs, ob ich werde leben können, wenn sie
12 Nr. 2. Daude de Pradas,
mich daraus wegnimmt (aus ihrer Gefangenschaft entläfst), ohne
dafs ich je in ihr Heim zurückkehren darf.
IL Mit schöner Miene und mit rauhem Herzen hat die, die
ich zu lieben pflegte, mein Herz lange Zeit derartig beherrscht, dafs
meine Augen davon ganz schlecht geworden sind. Jeder, der in
der Liebe etwa zu hoch hinaus will, macht natürlich die Erfahrung,
was für Angst und Leid derjenige aussteht, der etwas liebt, was
ihm nicht zukommt, wenn da die Herzensgüte nicht mehr Einflufs
hat als die hohe Abkunft.
III. Der Spur Joi-Novels folgte ich, bis ich an ihre Burg
kam, wo sie mir gegenüber einen so grofsen Hochmut bewies, wie
wenn die ganze Welt ihr gehörte. Hinsichtlich des Übereinkommens
machte sie mir Streit, als spräche ich viel Ärgerliches, wo ich doch
jedem („wenn ich euch") mit artigem und frohem Denken Lust zu
verschaffen und das Gemüt zu rühren weifs und ihm seinen Schaden
zur Annehmlichkeit mache !
IV. Ich lebe beständig in arger Unruhe; nichts wird mir von
dem zuteil, was ich wünsche, und ich kann von dem Schmerze,
den ich empfinde, nicht genesen, wenn ich nicht bei Bel-Desir
Schutz suche gegen einen Löwen, der so auf seine Art vertraut,
dafs er, was er will, macht und (wieder) vernichtet, und ich finde,
dafs sie ihr Versprechen immer weniger hält, je edelmütiger ich
mich ihr gegenüber benehme.
V. Zu meinem Unglück („mit solchem Geschick") bestieg ich
damals das Schiff, als mir meine Augen ein falsches Wesen zeigten,
worüber ich betrübt bin; denn an der Liebe sterbe ich, — und
doch bin ich mit ihr zufrieden? Im Gegenteil, nie war jemand
ihretwegen so traurig; andere (Damen) nämlich besitzen mich nicht,
und ich gehöre mir selbst nicht an, und da niemand anders mich
besitzt und ich mich nicht besitze, so kann die, die meine Huldigung
verschmähte, wohl wissen : Niemals wird sie mich bekommen !
VI. Lied, deine erste Reise mache zu meinem Freunde, dem
bei allem, was er tut, Wert und Tüchtigkeit innewohnt!
2. vers. Auch lat. versus (Plur.) findet sich, z. B. Plin. io, 83
(Georges), für den Gesang der Nachtigall verwendet.
10. Ähnlich klagt G. de Bornelh, Nr. 31, nachdem er in Str. I
der Minne ihren „ trügerischen Schein " vorgeworfen hat, in Str. II
über die üblen Wirkungen der „schönen Miene" seiner allzu vor-
nehmen Herrin: Ab bei semblan nie fai voler Midons so que plus
me defen.
12. vuoill (Subst.), Nebenform von vol, ist noch nicht belegt;
weiterhin, in Nr. 5, 26, hat auch al: non ha tal voill; afz. vueil s.
bei Godefroy.
13 zitiert Raynouard 2, 226 s. v. blau „ livide", wobei es
geschah, dafs das Zitat mit einem Beispiele aus P. d'Alvernhe zu-
El temps (fehlt im Gr., nun = 124, 9 a). 13
sammenflofs, so dafs Raynouard Daudes Gedicht da ebenso überging
wie Bartsch im Grundrifs. — Die Bedeutung „ mauvais " findet sich
für blau in Levys Pet. Dict. „Schlecht" sind des Dichters Augen
wohl vom vielen Weinen geworden ; vgl. z. B. BVent. (ed. Appel),
Nr. 31,19 Del cor sospir e dels olhs plor, Car tan Vam eu, per que i ai dan.
18. Si merces no- i forssa paralge. Diese Bedingung wird z.B.
durch Pistoletas Dame erfüllt, die, nach Ged. I, 12 der Ausgabe
von Niestroy, a tant de cortesia C'tmelilalz tempra sa gran ricor
E'ill toill orgoilh.
19 zitiert Raynouard 3, 150b und übersetzt: Je suivis la trace
de joie nouvelle; aber Bergert, Damen, S. 121 weist nach, dafs es
sich hier um den Verstecknamen handelt, dessen sich Daude auch
im Geleit von Gr. 124, 13 bedient, indem er seine Dame Bels Jois-
Novels anredet. Von J.-N. und ihrem Schlosse spricht Daude auch
in Gr. 124, 10I (a1 Nr. 235): E' l plazers mou de bon esper E'l bons
espers de J oi-Novel E'l jois novels de tal castel, QiCieu non vueill
dir mas a rescos A cels cui amors ten joios.
22. teuer la clau bedeutet nach Stoessel, Bilder S. 29 Nr. 130
„in der Lage sein, jd. den Zugang zu etwas zu eröffnen"; aber an
unserer Stelle und in Stoefsels eigenem Beispiel escarsetatz ten las
claus dels barons wird die Redensart noch besser durch „ besitzen,
beherrschen" wiederzugeben sein.
23 bedeutet, dafs die Dame Ausreden machte und Beschul-
digungen erfand, da sie dem Dichter ihr früher gegebenes Ver-
sprechen nicht halten wollte.
26. esmaiy eigentlich „Aufregung", steht hier neben joi doch
wohl im guten Sinne von „Anregung", in dem ich das Wort aber
nirgend nachgewiesen finde. Oder sollte joi per esmai das Ur-
sprüngliche sein?
30 — 34 zitiert Bergert, S. 115, Anm. 3; er möchte in Bel-Dezir
eher einen Freund oder Gönner des Dichters sehen als eine Dame
und erinnert hinsichtlich des Vergleiches der Dame mit einem
Löwen an Daudes Gedicht Gr. 124,3 IV > wo er sicn m^ dem
zitternden Vöglein und die Geliebte mit dem hoch in die Lüfte
steigenden Adler vergleicht. Schon in Str. III sagt er: Eu nC esper t
tot cum fesparviers, Que non a ni forsa ni sen, Qan poders d'aigla'l
sobrepren. So wird wohl mit leo doch die Herrin gemeint sein und
nicht Leon (in Spanien), woran Bergert auch gedacht hat.
35. de mal plai „der einer Abmachung nicht nachkommt, der
sein Versprechen nicht hält", Sw. 6, 334, 8.
35, 36. Dem entspricht Daudes Äufserung in Gr. 124,7 HI
(bei Appel, B. Vent. S. 320, v. 23): on plus ieu vas lieis ni'atur,
Et ill vieins vas mi s'alura.
37. Ab tal agur „-mit solcher (d. h. so übler) Vorbedeutung"
sagt der Dichter von seinem gegenwärtigen Standpunkt aus.
43. Epuois autre ni ieu no m'ai. Die Konstruktion ist ungenau,
und es ist nach autre noch no ma zu ergänzen.
14 Nr. 3. Prebost u. Savaric,
3.
Prebost de Valensa und Savaric de Mauleon,
Savaric, e'us deman (Gr. 384, 1 == 432,3).
^187(535), Z>205, G 99 (S. 318; Arch. 32,418), 0(128),
R 34 (MG. 1131). — Raynouard, Ch. 5,366 und MW. 2, 146 geben
nur Str. I und VII und v. 57 — 61 (nach R).
Nicht benutzt: C 1 K L{i.%2) N T a. — Text nach D O, Ortho-
graphie nach A.
In v. 28 trennen sich A G von D O R, indem sie da das
zwei Verse später erscheinende Reimwort coman statt man einführen,
wodurch bei ihnen der Vers noch um eine Silbe zu lang wird ;
in v. 83 sind sicherlich D G 0 mit escan im Rechte gegenüber A R,
ebenso sind diese Hss. in v. 32, 39 und 60 vorzuziehen ; in v. 55
und 69 haben wiederum A D O eine annehmbarere Lesart als G R.
Immer gehören aber D O zu den besseren Hss. — A ist noch
fehlerhaft in v. 25 und 26, G in v. 21 und 38, R in v. 8, 14,
38, 41, 62, 81 und 82. In O hat wohl ein prüder Schreiber den
v. 52 wegen des jazer unterdrückt. An D ist nichts Erhebliches
auszusetzen.
Das Gedicht, eine Tenzone (Partimen), besteht aus sechs
vierzehnzeiligen coblas unissonans, sowie einem sechszeiligen und
einem zweizeiligen Geleit. Das Schema öaabbaa iocw ;c^
ddcwc^aa ist bei Maus, Nr. 122, falsch aufgestellt; er hat über-
sehen, dafs c weiblich ist, und ist durch das pregan der Hs. in v. 4
und an in v. 2 1 verleitet worden, den Zehnsilbler in 4 a -f- 7 c (statt
6cw) zu zerlegen. Savaric verwendet aman zweimal im Reime,
v. 25 als Subst. und v. 55 als Gerundium, sowie plazer v. 51 und
im Geleit v. 86, auch tan v. 76 und im Geleit v. 91; an in v. 48
ist bei ihm „sie haben", während es beim Prevot zweimal, v. 14
und 42, als „er (es) gehe" begegnet. Der Prevot wiederholt aufser-
dem sia und ver aus der 1. Str. in der 1. Torn.
I. Savaric, e'us deman
Qe'm digatz en chantan
D'un cavallier valen,
Q'a preiat longamen
5 Una dompna prezan,
Et ill met Ten soan,
I. 1 Sauarics G, En 5. Ä 2 Que diatz R 3 cauayer R 4 p.]
amal R 5 pian G 6 Et al mes en R
20
25
III.
3o
Savaric, e ■ us deman (Gr. 384, 1 = 432, 3).
Puois prega n'autra, q'esdeven s'amia
E dona'il jorn c'ab lieis sia
Per penre tot son voler;
E qand l'autra'n sap lo ver,
Manda#il q'aqel mezeis dia
Li dara'l joi, qe'il qeria.
D'engal pretz e d'un semblan
Son, e chauzetz a cal an.
Prebost, li fin aman
Non van lor cor camjan,
Anz amon leialmen ;
Si tot si fant parven
Canon aillors preian,
Ges per tant no's partran
De lai on an assis lor drudaria,
Car ges per una fadia
No*n deu hom son cor mover,
Anz atenda'l bon esper
De lieis q'en car se tenia.
Lai se prend'e teingna via,
Qu'eu non pens q'ella l'engan,
Pois er vengutz a son man.
Seigner, et aura'i dan,
S'ella, q'a son coman,
L'a trobat avinen
Ni n'intra son coven
15
7 endeuen G R 8 Eil dona j. 0; E mandal j. cam 1. uaza R
9 P. faire t. G; ualer O 10 Mas q. l'autra s. O 1 1 qe a. metes d. G,
a. mezeis d. O, ca leys (= l'eys) a. d. R, qez en a. d. AD 12 dara j. qal
iria O, dara so quel querria R 13 duna s. G 14 Sone eh. D, S.
eschauzetz O, Son G; a talan R
II. 15 Perbost ADR; ayman R 16 Nonä G; lo c. A D 0 17 Des-
aman 1. R 19 Qamö G 20 p. cho G, fehlt R; nous G, nois A; parca R
21 Della on Z>; a. a. lo cor per d. G 22 faidia G 24 b.] o O 25 que
c. R; si O, lo A 26 Lais e prende t. v. R, Lai p. e lai t. (teing ma A) v. A D,
El autra uoil t. v. 0, Chausis q uoill an v. G 27 p.] cuich G, cre R
28 Desqer v. al seu G\ m.] coman A G
III. 29 S. eu aurai O 30 Cella A 31 La trobada a. A, Atroba
d'a. R 32 Ni mtraill s. G, Ne mintral s. D, Ne uira (urspr. uinra) s. O, Ni
noil quier s. A, Nis met en s. R
l6 Nr. 3. Prebost u. Savaric,
Per so car l'am'e blan!
Ben aura sen d'enfan,
35 S'a lieis non vai, q'en grat lo retenia,
E lais lieis que l'aucizia;
C'anc jorn no'il volc pro tener
Ni'l plac sos precs retener.
Mas ar qand ve que viuria
40 Sens lieis, mor de gelosia
E per als no'il vai mandan
Mas car no-n vol que ben l'an.
IV. Dompn'ab leugier talan
Non ama tan ni qan,
45 Prebost, ni non enten
Que puosc'aver gran sen.
Car ges dompnas non fan
So c'om vol, tro que an
Conogut c'om las ama ses bausia;
50 Mas cella, c'amors non lia,
Vol a totz faire plazer
E promet tost lo jazer,
Per qe'm pes, s'autre venia,
C'atressi lo*s colgaria,
55 Et es mieills c'om moir'aman
C'aia lieis, don tuich l'auran.
V. Seigner, amor desfan
Dompnas, que vant loignan
33 car] que R; el ADGOR 34 auran cen D 35 Si a R;
lo tenia R 36 lausezia D 37 j. fehlt G 38 pl.]u.olcÄ; r.] pmaner G,
obezir R 39 qar G, sap D, saup AR 40 Ela m. d. g. R, Mor tota de
ieloria O 41 Que p. A D G\ &\DG; ua demandan R 42 M. qe 0; no
v. D OR, n uoil G
IV. 43 al. G; telan 0 45 Perbost A 46 gräz G; cen D 49 c'om]
son G, sesenian com R\ am ADR; senes A D 5oMa^4; celas G 51 V.
farat.lurp. R 52 fehlt 0; t.]leu R; gazer D 53 qe-m] quieu R; pens A,
cre R; sautrei A, si autre R, sautretan G 54 Ca.] Caysi leu R, Qaitan leu G;
lois A, lo O, la G 55 Euoill (Doncx ual R) mais morir a. G R 56 Cauer R,
Qa 0, Calom D; tot D, trach O; auran A D R, auan O
V. 57 amors R; de fan O 58 qes uai G; 1. fehlt O
Savaric, cus deman (Gr. 384, 1 = 432, 3). 17
Lor don e prometen;
60 Car qui dona breumen,
Fai son don aut e gran;
Q'us dos val atretan
Com dona tost cum cel c'om loignaria,
Pois la sazos passaria.
65 Car dos non pot tant valer
Cum qand hom lo vol aver,
E vos tenetz a foillia
So c'om plus grazir deuria;
Que sen fai, qand don'avan
70 Dompna c'om n'auja'l masan.
VI. Prebost, li dur afan
E'il greu maltraich pesan,
C'ai sofert, e"il tormen
Mi serion plazen,
75 Si*m trameti'un gan
Ma dompn'e#m mandes tan
C'una vetz, anz que moris, la veiria;
Q'a son mandamen iria
O de maitin o de ser,
80 Per c'ab leis vuoil remaner
Per cui sai que m'avenria,
Si joi per amor avia.
Mas mi art e lieis escan
Amors e muor sofertan.
59 L. desO; nip. R 60 E qui A, May qil R ; döna G 61 Faissond. D\
aud G 62 Cun D, Cum 7?; donZ>Ä; v.]costa^; alrestan G, .m. no fan R
63 Com t. d. con cel O, Qil d. leu de sei R; loncharia R 64 P. s. O, Uay quel
sazon R 65 Quel don R; nop.v. G 66 Co R, fehlt G 67 tenes D 68 p.]
mays R 69 Q. cen f. D, Qesil fai G, De donas R; döna uan D, uan a. R 70 Can
suffert lur m. R
VI. 72 Cil O; maltraiz G; pian G, prezen O 73 el tortom G, eil t. O, lon-
iamen R 74 Men O 75 Sim prometia un O, Ab quelam des son R 76 Midons R;
en mädos t. G, om disses t. O, o quem des t. R 77 Ans q. m. u. v. la uezia R, Per
euna v. saubes qanz qe morria O 78 A s. m. seria R, Per amor qellam faria ADG
79Dematrao<7 80 Car a. 1. 0, P. cab A, Ab ela R 81 P. qe O; Abmabela
dossamia./? 82 Joissid'a. lauia O, Cara.no febauziai? 83 Ans R; eilhespan^?,
e 1. non blan A 84 e] don O; m.] uai A; s.] deziran O
Kolsen, Dichtungen der Trobadors. 2
1.8 Nr. 3. Prebost u. Savaric,
VII. 85 Seigner, d'aisso jutge'l ver
Na Guillelm'a son plazer
De Benaug'e na Maria
De Ventadorn vuoill qu'i sia
E'il dompna de Monferran;
90 Qe las tres son ses engan.
VIII. Prebost, d'amor sabon tan
Qu'eu n'autrei so q'en diran.
VII. 85 daison digal D, d'a. digal A O, iutge nö lo R 86 Guilha'n
s. Mahn, guilh'a s. R, guillerma s. O, guillma al seu G 87 ben aut R,
Benaut Mahn, ben aug AD, ben naug O, ben auza G\ en M. D 88 Del G\
uentador DG, uentedorn A\ quey s. R, q s. O, qaeil s. D, abqe issia G
89 Ladona G, Ladona R\ moferan G, mon ferrat R 90 Qellas t. A D,
Ca bon pretz R; son dun senblan A D, ses tot e. R
VIII. 91 Perbost A 92 Quieu a. R
I. Savaric, sagt mir gefälligst dichtend eure Meinung betreffs
eines wackeren Ritters: Er hat lange um eine treffliche Dame ge-
worben, die ihn aber verschmäht, bittet dann infolgedessen eine
andere um ihre Liebe, die nun seine Geliebte wird und ihm den
Tag angibt, wo er mit ihr zusammenkommen soll, um alles zu
empfangen, was er wünscht; als jene aber den wahren Sachverhalt
erfährt, läfst sie ihm sagen, sie wolle ihm an demselben Tage die
Freude bereiten, um die er sie zu bitten pflegte. Sie sind von
gleichem Wert und gleicher Art; nun wählet, zu welcher er
gehen soll.
IL Prevot, die wahren Liebhaber ändern ihr Herz nicht,
sondern sie lieben aufrichtig; wenn sie sich auch den Anschein
geben, als werben sie um eine andere, werden sie sich dennoch
von jener keineswegs trennen, der sie ihre Liebe gewidmet haben,
denn um einer Enttäuschung willen soll man sein Herz durchaus
nicht von ihr abwenden, sondern man erwarte die gute Aussicht
auf die, welche sich zurückhielt. An sie möge er sich halten und
zu ihr begebe er sich; glaube ich doch nicht, dafs sie ihn täuscht,
wenn er auf ihre Aufforderung hin zu ihr gekommen ist
III. Herr, es wird ihr aber zum Schaden gereichen, wenn sie,
welche ihn beherrscht, ihn liebenswürdig fand und trotz seiner
Liebe und Freundlichkeit die Übereinkunft mit ihm nicht innehält!
Kindisch wird er wohl handeln, wenn er nicht zu der geht, die
ihn nach Wunsch gütig bei sich aufnahm, die aber gebe er auf,
die ihn quälte ; denn sie hatte niemals die Absicht, ihm zu nützen,
Savaric, e'us deman (Gr. 384, i =432,3). 1-9
noch beliebte es ihr, seiner Bitten zu gedenken. Nun aber, da sie
einsieht, dafs er auch ohne sie leben würde, stirbt sie vor Eifer-
sucht und sendet ihm ihre Aufforderung nur, weil sie nicht will,
dafs er sich jener erfreue („dafs es ihm hinsichtlich jener nach
Wunsch ergehe").
IV. Prevot, eine flatterhafte Dame hat gar keine Anhänglich-
keit und versteht nicht, dafs diese (die A.) grofsen Sinn hätte.
Edle Damen erfüllen einem den Wunsch nämlich erst, wenn sie
erkannt haben, dafs man sie ohne Falsch liebe; aber diejenige,
welche die Liebe nicht bindet, will allen Vergnügen bereiten und
verspricht schnell den höchsten Liebesgenufs, weshalb ich glaube,
dafs sie, wenn ein anderer käme, sich ebenso mit ihm vereinte,
und es ist besser, man stirbt (eine edle Dame) liebend, als dafs
man die besitze, von der alle Liebesfreude erhalten werden.
V. Herr, solche Damen, die ihr Geben aufschieben und
(leere) Versprechungen machen, richten die Liebe zugrunde; denn
wer bald gibt, macht seine Freigebigkeit zu einer erhabenen und
grofsen; kostet doch eine Gunst, die man schnell erweist, ebenso-
viel, wie die, welche man, wenn der rechte Zeitpunkt vorüberginge,
abschwächen würde. Denn eine Gunsterweisung kann nur zu der
Zeit so viel wert sein, wo sie einem erswünscht ist, und ihr haltet
das für töricht, was man am meisten gutheifsen sollte; denn eine
Dame handelt verständig, wenn sie ihre Gunst gewährt, bevor man
hört, wie die Leute sich darüber aufregen.
VI. Prevot, die harten Mühsale und die argen, schweren
Leiden und Qualen, die ich erduldet habe, wären mir angenehm,
wenn mir meine Herrin einen Handschuh (als Liebeszeichen) schickte
und mir nur sagen liefse, dafs ich sie vor meinem Ende noch einmal
besuchen sollte; denn auf ihr Geheifs würde ich jederzeit hingehen,
weil ich bei ihr sterben möchte, für die ich wohl sterben sollte,
wenn ich durch Liebe Freude hätte. Aber in mir entfacht Minne
die Glut und in ihr erstickt sie sie, und ich sieche duldend dahin.
VII. Herr, das rechte Urteil möge darüber gütigst Frau
Guillelma von Benauga fällen, und ich wünschte, dafs Frau Maria
von Ventadorn dabei wäre und auch die Dame von Monferran ;
denn die drei sind ohne Trug.
VIII. Prevot, sie verstehen soviel von der Liebe, dafs ich
ihre Entscheidung darüber anerkenne.
Über Savaric de Mauleon (Malleon) wurde zuletzt in der
Ausgabe der Werke des Uc de St.-Circ von Jeanroy und Salverda
de Grave, S. 152, gehandelt; danach dichtete er von 121 1 — 12 19
und starb 1233. Es gibt von ihm aufser einer cobla (Gr. 432, 1),
die ich demnächst im Amsterdamer „Neophilologus" veröffentliche,
nur noch die Strophen, die er in dem Jeu-parti mit G. Faidit und
Uc de la Bacalaria (Bartsch -K., Chrest. S. 169), sowie in dem hier
edierten Partimen gedichtet hat. Diez, L. u. W.2, 332 teilt nur den
2*
20 Nr.3- Prebost u. Savaric, Savaric, cus deman (Gr. 384, i =432,3).
Inhalt von- Str. I — IV und dem Geleite unserer Tenzone mit. Nach
der prov. razo nimmt er 5. 327 als Geliebte Savarics die gas-
cognische Edelfrau Guillelma von Benagues an. Diese kommt aber
nur als seine Gönnerin in Betracht und wird ja in der tomada
zur Schiedsrichterin ernannt. Auch soll die autra domna nicht die
Gattin Guirauts von Manchac sein, sondern Mascarose, die Gattin
Gerauds IV., Grafen von Armagnac (n 90 — 1219); s. Bergert,
Damen, S. 30. — Zu unserer Tenzone vgl. man noch Seibach,
Streitged. §94, 144 und 146, sowie Zenker, Die prov. Tenzone,
S. 47.
2. dire „urteilen, entscheiden", Sw. 2, 246, 5; hier „seine
Meinung sagen".
15. Der prebost, nach dem Register von C derjenige von
Valensa (s. Chabaneau, Biogr. S. 178), Stadtpfleger von Limoges,
soll sich nach der razo gerade an Savarics Hofe befunden haben,
als dieser die v. 1 1 erwähnte Aufforderung seitens seiner Dame
empfing.
21. lai, auf Personen bezogen, Sw. 4,302,10.
25. se tener (en) car „sich zurückhalten", Appel, Chrest. S. 222 b.
26. Vgl. afz. soi pr andre ä a. „sich halten an", Förster,
Wörterbuch S. 219 b.
^2. G hat Ni mtraill, woraus in D\ Ne mintral und in O
ursprünglich Ne uinra wurde; ich habe aus G, unter Berücksich-
tigung der übrigen Hss., Ni riintra herausgelesen und nehme an,
«' sei als elidiertes no aufzufassen (vgl. Sw. 5, 413 f.) und in/rar
zu verstehen wie in intrar fermansa, Sw. 3, 457.
^^. Alle Hss. haben el blan, es müfste aber e la blan heifsen;
da nun mit la der Vers um eine Silbe zu lang wäre, ist wohl
e blan vorzuziehen, zumal da /' = la schon vor ama steht.
35. en grat „nach Wunsch", Sw. 4, 172,8.
36. aucire, hyperbolisch verwendet, s. Appel, Chrest. S. 214a.
38. retener „conserver dans la memoire", Levy, Pet. Dict.
42. en, auf Personen bezogen, s. Levy, Sw. 2, 480 b.
47. domna „edle Dame", Sw. 2, 278, 2.
60 — 64 sind in der Übersetzung der Hist. litt, des troub. 2, 104
übergangen.
63. loignar scheint hier „entfernen, beseitigen, aufheben, ab-
schwächen" bedeuten zu sollen.
69 — 70. Diese beiden Verse gibt die Hist. litt, in einer mir
unverständlichen Weise wieder, nämlich so : Je veux dire le change-
ment en amour et la circulation des amis et des amies, qui tourne
au profit du commerce. — avan que, das in Raynouards Beispiel,
Lex. 2,92 b, Ni vollias esser chavallers avant qu'escuders „eher als"
bedeutet, findet sich als Konjunktion im Sinne von ans (abans)
que, enans (enan) que „bevor" wohl noch nicht belegt.
74. d. h. die Leiden würden mir zur Annehmlichkeit.
75. Über den Handschuh als Liebespfand s. Nr. 4, v. 110.
Nr«4. Der Liebesbrief Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41). 21
80. Im Hinblick auf anz que moris in v. 77 deute ich remaner
hier „sterben"; vgl. Sw. 7, 208 „(auf dem Schlachtfeld) bleiben,
umkommen". Die Hist. litt, übersetzt v. 80 ff. : C'est ä eile que je
veux £tre eternelleraent attache; c'est avec ma seule douce amie que
je veux vivre. Mon amour n'est point trompeur: il me brule et m'embrase.
83. Man beachte die Gegensätze in ardre und escantir.
85. Auch das dire der Hss. A D O kann durch „urteilen,
entscheiden" wiedergegeben werden; s. Sw. 2, 246,5.
86. Über die Persönlichkeiten der drei Schiedsrichterinnen
vgl. Uc de St.-Circ, Ausg. S. 153.
87. Nach der Anm. in der St.-Circ- Ausgabe, S. 192 zu v. 57
ist Benaujas nom de ville und Benauges nom de la region. Hier
heifst die Stadt der Guillelma: Benauga, Benauza oder Benauta.
Sollte nicht für die betr. Stelle des St.-Circ der Name in der Form
Benaaa in Frage kommen? Der Text des Geleites, S. 66 der Aus-
gabe, lautet:
Vescontessa be*m play
De Benauen, car jay
Com pros no-us ve non dia . . .
Bergert, Damen, S. 29 schlägt vor zu lesen V., be'?n play De Be-
nauges, car say, und auch die Herausgeber fragen, ob nicht jay in
say zu bessern sei. Ohne an dem nur in R überlieferten Texte
etwas zu ändern, würde ich nun De Benaii ', en car jay schreiben
und verstehen: Vizgräfin von Benauga, es gefällt mir, dafs euch
kein wackerer Mann sieht, der nicht en car jay, mit lebhafter Freude,
sagte . . . Die Bedeutung „cordial, vif" für car findet sich in
Levys Pet. Dict.
4.
Graf von Anjou,
Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41).
L 5 (Arch. 34,424), Q (S. 14). — Nicht benutzt N.
Das Gedicht gilt für anonym. Der Verfasser stellt sich aber
in v. 80 als coms d'Angeu l vor.
Die beiden Hss. L und Q ergänzen einander. Für die Ortho-
graphie habe ich Q zugrunde gelegt.
1 Der coms d^Angeu wäre demnach in Chabaneaus Liste der Trobadors,
Biogr., p. 1 1 3 f . , einzutragen. Es freut mich somit, in dem Grafen von
Anjou einen Ersatz bieten zu können für den Grafen Linhaure, der ja, nach-
dem ich ihn mit dem Grafen R. d'Aurenga hatte identifizieren können (G. v. Bornelh,
1894, S. 44 ff.), als besonderer Dichter bei Chabaneau, S. 1 57 b, zu löschen war.
22 Nr. 4. Der Liebesbrief
Die Dichtung ist ein Liebesbrief, der, da seine Anfangs-
strophe und die Geleite mit domna beginnen, in L richtig
domnejaire genannt wird, der in Q aber fälschlich als tecö be-
zeichnet ist. Die Form dieses domnejaire ist die strophische.
Der Brief besteht aus 15 achtzeiligen coblas, meist Singulars — nur
Str. V und VI sind unissonans — , einem vierzeiligen und einem
dreizeiligen Geleit. Sein Schema, bei Maus Nr. 77, ist 8 aaab ccc b.
Der b-Reim -atz geht durch alle Strophen. In Str. LX ist a weiblich,
in Str.X: a = c. In XIII ist der Anfangsvers der Hss. Qalrescalos a en
amor, auf den noch weitere drei Zeilen auf -pr folgen, gewifs von jemand
interpoliert, der diese Strophe für sich betrachtete und sie deshalb
mit einer ihren Inhalt zusammenfassenden Einleitung versah, wobei
er das escalos aus v. 94 entnahm. Hätte der Dichter die Vierheit
der „Stufen" besonders ausdrücken wollen, so hätte er in v. 94 f.
leicht sagen können Qe qi un dels qatr 'escalos Poia ... So findet
sich auch in Q am Ende der Str. IV ein von einem Schreiber
eigenmächtig hinzugefügter Vers. Von Reimwörtern kehren wieder
leiaus v. 21 und 82, estaz 12 und 60, si'az 16 und 72, clamaz 80
und 108, poder 9 und 55, aver 10 und 33, voler 35 und 42,
sen 118 und im Geleit v. 121, cauzimen in beiden Geleiten , en-
tendedor 99 und 103, a??ior in dem oben als unecht hingestellten
Vers und 114, vos 37, 46 und 47, dos 39 und 93.
I. Domna, vos m'avez et Amors
E*l vostre richs reials resors
Cors, cui creis e'n dobla valors,
Per qe mos jois es restauraz;
5 Qar vos m'avee vostra merce
Donat ses mal tot entre be
Ferm e durable per jase,
Per qu'ieu m'en soi aseguraz.
II. Et avez mi dat tal poder
10 Qu'anc mais nuls hom no'l pod aver;
Qe toz es faiz al meu plaszer
Lo richs mondz, el cal vos estaz,
Que quant be*n consir de preon,
Meravill me com hom del mon
15 Puosc'haver freig ni chault ni son
Ni ira, que vos i siaz.
I. 2 rieh Z; leials Q 3 C. qi Z; eres e d. Q 6 Donatz Z
7 dutable Q 8 me s. Q
II. 9 Et au' Q 10 h. uolpogC? 11 tot Q; fach Z; plager Q 12 Lo
rieh Z, Lonc' Q; mons en que Q 13 Et q. Q; be Z, fehlt Q 1 4 Merauell me
qr h. Q 15 Pot aver fam ne frei ni s. Q 16 Li i. Q
Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41).
23
V.
VI.
Ez ar es be a mi semblan
Q'eu ai tot qant voil e deman,
E no trac pena ni afan,
20 Ansz estau com s'era salvaz.
Amors, quar eu li soi leiaus,
Humils e franx, fis e coraus,
M'a mes e son dig e repaus,
On soi de joi envolopaz.
25 Tan preon, qant ben m'o consir,
Soi en joi qe no'n posc issir,
Domna, qan esgar ni remir
Vostre cors cum es faisonaz,
Gais e gentils, joves, joios,
30 Franx e fis, fizels, amoros,
Humils, placens et orgolos,
On orgols es humilitaz.
C'umilitac vos fai aver
Merce la on dei escacer
35 Et orgols no'us laissa voler
Ren qe vos faire non deiaz.
Donna, aquist aib son en vos,
Et a n'i mang autres de bos:
Acollirs e servirs e dos,
40 Honors e pläszers e solaz.
Sabec dir e far e tener
Si qu'als pros vos fasec voler
Et als avols faic vos temer
Q'us no vo*n aus'esser privaz,
III. 17 Et estau ben al meu talan Q 18 to Q; v. ne d. L 19 nö Q
20 Aus Q 21 quare eu Q\ leiaus fehlt L 22 H. e f. f. e fehlt L; fix e
quoraus Q 23 Mamess elsieu dousz r. L 24 Don Q
IV. 25 Zan Q 26 no p. L ; pose essir Q 28 faichonasz L 29 Jais
gens gentil Q; joves fehlt L 30 F. f. figels et a. Q 31 Ben apris qar tuit
bos aib isont assis L 32 E L; o. et Q, o. e L; h. an segnorage et poder Q
V. 34 Merces lai Z; d. fehlt Q 35 lassa Q 37 aiqist aibs L; s. ab
v. Q 38 an mot L 39 Acollir eseruir Q 40 Miels de nul aut'qn uos
pla? Q
VI. 41 f. e d. Q 42 p. nos faszes L 43 v. f. Q 44 Q' nous
ausan e. L
24 Nr. 4. Der Liebesbrief
45 Non per zo qe cortes e pros
Cuida qascus, qant es ab vos,
Esser; qar hom no n'es per vos
Sobrepres ni ocaisonaz.
VII. Ren mais el vostre dompnejar
50 Non conosc q'hom posca reptar;
Mas cascus vol ab vos estar
Tant que per autres n'es blasmaz,
Qe moutas genz vos van vecer,
Qe s'en cuizon ades mover;
55 Quan vos veszon, non an poder
Qu'eu m'i soi pro vec oblidaz.
VIII. Tan fai gran gaug vostre vecers
E disec avinenc placers
Que grans coita sembla lecers
60 Ad aqels ab cui vos estaz,
Tant es adreic e conoissenc
Lo vostre cars cors gen tenentz,
Q'es bels, novels, nous garimenz,
Faic covinenz e ben taillaz.
IX. 65 Amors e coindi'e gaiesa
E valors s'es en vos enpresa
E sens e mesur'e proesa,
Franquesa e genta foldaz.
Res mais no*i pogr'esdevenir
70 AI vostre cors complit complir;
Mas cel non poc en ren falir,
Qe vos fez e volc qe siaz.
47 qar ja h. nö er Q 48 ni caisonaz Q
VII. 49 R. als al Q 50 No cogosc cü p. raptar Q 52 T. p q Q
53 Maritas g. uos uenon v. Q 56 me s. Q
VIII. 57 v. uerger Q 58 d. aumeri9 Q 59 grant chausa Z; sebla Q;
leugers L 60 Acels acui L 61 adrech e L 62 Lo fehlt Q; clars c.
convinenz Q 63 Qe b. Q; n. garminäc Q, n. eguarnentz L 64 F. soen e
gent entalaz Q
IX. 65 coindesae Q 66 E grans v. (?; enpr.] me9a Q 67 E fehlt Q\
Em. ep. sen L 68 Largesei Q 69 nö Q; sabra e. L 70 compl. cors L
71 pog'eure Q; ni uol Q
Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41). 25
X. Qar meiller es de las meillors
E la genser de las gensors
75 Et auta sobre las ausors
E, bella de totas beutaz,
Far sabec tals eine cent honors,
Qe s'es una de las menors,
No voill aver Los Mans ni Tors
80 Ni esser coms d'Angeu clamaz.
XL En re mais fis jois non es saus
Mas en amor, qant es leiaus,
E d'aiso, qe vos daz, sevaus
Non er hom mais desheretaz,
85 Per qu'am trop mais lo vostre no
Qe nuüTautra que-m feces do.
E dira vos per qal raso?
Qar puois en seria iraz.
XII. No'l die ieu ges pel don blasmar,
90 Qe bei mester a en donar,
Mas trop me voil mais fadiar
Qe"m dec zo qe pois me toillaz.
Mais tan ondrac es vostre dos
Qe qi pot un dels esqalos
95 Poiar, ja no'n sera puois jos
Per neguna forza tornaz.
XIII. [Qatr'escalos a en amor;]
97 Lo primers es de fegnedor
E'l segons es de preiador
E lo ters es d'entendedor
100 E al quart es druz apelaz.
X. 73 meillor e. L 74 Et ens g. Q 75 E plus haut L 76 E bona
d. tota bontac Q 77 tals . d. honors Q 78 senz L; menoas Q 79 a.
peiteus Q; ne cors Q, nils T. L 80 dangeus L, dangu' Q
XI. 81 — 84 stehen zwische n 92 u. 93 in Q 8lsalsZ; Qem remais grans
j. nö es fals Q 82 leials L, laials Q 83 daqo Q; sevals L, sil ualz Q 84 Non
er ja h. d. Q 85 que a. m. 1. uostre ono Q 86 Qe dautra que f. ric do Q
87 dir uos ai p. Q 88 Qe nö deia esser blasmac Q
XII. 89 Non uoil eu g. lo d. blasmat Q 90 Qar Q 91 M. eu mi v. Q
93 Car Q ; onrat L ; uostre Q 94 des L 95 ja mais nö s. jos Q 96 deguna Q
XIII. 98 segon L 100 E lo quart Q
20 Nr. 4. Der Liebesbrief
Cel qu'a bon cor de dompn'amar
E la vai sovenz cortejar
E no l'ausa enrazonar,
Fegneires es espaventaz.
XIV. 105 E s'ella'i fai tanta d'onor
Q'ella li cresc'ardit major
Qe'il aus dir sa francha clamor,
Pregaires es per dreich clamaz,
E si ' 1 reten tan en preian
1 1 o Qe " ill don cordon, centur'o gan
O nul son aver pauc ni gran,
A l'entendedor es poiaz.
XV. E si l'a fin entendedor
E'ill plaz qe*il don baizan s'amor
115 E ' 1 colg ab se sotz cobertor,
FLy druz es puois aordenaz.
Donna, lo segner d'orien
Vos don cor e poder e sen
Q'ab aital aordenamen
120 Vos de me leial drut fassaz!
XVI. Domna, cor e poder e sen
E voluntat e ardimen,
Humilitat e caucimen
Vos prei eu qe de mi aiaz.
XVII. 125 Domna, per vostr'esseignhamen
E per vostre franch cauzimen
Vos clam merce de me, si'us plaz.
101 Qi a b. Q 102 soen Q 103 raszonar Z 104 Fegneire Q
XIV. 105 Massellal Q; tant Z; damor Q 106 Qeli c. Q 107 Qil L;
E lausa dire sa c. Q 108'Preiaire es endeuegnaz Q 109 E selal fai t. Q
110 Qill L, Qel Q; corda Q in fehlt L U2 A e. Q
XV. 113 E sa son f. e. L, Pero sil fai tanta donor Q 114 qil d. L;
Qel p. qel d. baisa Q 115 Nil L\ colc ab se jos c. Q 116 Fi Z; Ladoncs
es d. a. Q 117 D. ol s. de betlen L 119 aitals Z; aor de men Q
XVI fehlt Z. 124 Uosp eu qe domi Q
XVII fehlt Q
Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41). 27
I. Herrin, ihr und die Minne und eure ausgezeichnete Herr-
schaft habt meinen Körper wiederauferweckt, dem davon der Wert
wächst und sich verdoppelt, wodurch meine Lust wiederhergestellt
ist; denn ihr habt mir für immer eure unbedingte Gunst („eure
Gunst ganz ohne Übles zwischen festem und dauerhaftem Guten")
geschenkt, weshalb ich nun in dieser Hinsicht beruhigt bin.
IL Und ihr habt mir die gröfste Macht verliehen, die jemand
überhaupt besitzen kann; denn die herrliche Welt, in der ihr lebet,
ist ganz nach meinem Geschmack eingerichtet, so dafs ich, wenn
ich gründlich darüber nachdenke, mich wundere, dafs irgend jemand
in eurer Gegenwart („gesetzt, dafs ihr da seid") Kälte, Hitze,
Müdigkeit oder Kummer empfinden kann.
III. Und es scheint mir jetzt in der Tat, dafs ich alles be-
sitze, was ich begehre und verlange, und ich erdulde keine Pein
oder Qual, sondern bin ganz selig. Die Minne hat mich, weil ich
ihr gegenüber zuverlässig, demütig und aufrichtig, treu und liebe-
voll bin, in ihren Machtbereich („in ihre Gewalt und ihr Gebiet")
gebracht, weshalb ich wonnetrunken („in Freude eingehüllt, von
Lust benebelt, berauscht") bin.
IV. Überlege ich es mir recht, so bin ich derart in Freude
versunken, dafs ich nicht mehr davon loskommen kann, wenn ich
euch ansehe und daraufhin betrachte, wie beschaffen ihr seid, wie
frisch und edel, jung, lustig, freimütig und aufrichtig, treu, liebens-
würdig, gütig, anmutig und stolz, wobei der Stolz Demut bedeutet.
V. Denn Demut läfst euch da gnädig sein, wo Gnade an-
gebracht ist („einem zuteil werden soll"), und Stolz verbietet euch
zu wollen, was ihr unterlassen sollt. Herrin, unter vielen anderen
guten Eigenschaften besitzt ihr diese: Gastlichkeit, Dienstfertigkeit
und Freigebigkeit, Ehrbarkeit, Unterhaltungsgabe und Frohsinn.
VI. Ihr versteht so zu sprechen, zu handeln und die Leute
zu beherrschen, dafs ihr die Trefflichen veranlafst, euch zu be-
gehren, die Schlechten aber dahin bringt, dafs sie euch fürchten,
so dafs von ihnen keiner mit euch vertraut zu sein wagt; aber
doch nimmt jeder sich vor, wenn er mit euch zusammen ist, artig
und brav zu sein, eben weil ihr keinen von ihnen (wegen seiner
Schlechtigkeit) tadelt oder beschuldigt.
VII. Niemals bemerke ich etwas, was man an dem Dienste
bei euch auszusetzen hätte; vielmehr will jeder so lange bei euch
bleiben, bis er von anderen deshalb getadelt wird, während viele
(andere) Leute euch besuchen, die sich sofort wieder von euch
entfernen; wenn sie euch sehen, verlieren sie die Besinnung
(„haben sie keine Kraft"), so dafs ich bei euch oftmals mich selbst
vergessen habe.
VIII. Euch zu sehen bereitet so grofse Freude, und ihr sagt
so artige Freundlichkeiten, dafs denen, mit welchen ihr zusammen
seid, grofse Not als Wohlergehen erscheint, so gewandt und klug
28 Nr. 4. Der Liebesbrief
ist eure liebe, standhafte Person, die, ein neues Heil, schön und
jung, hübsch geschaffen und gut gestaltet ist.
IX. Liebe, Anmut, Heiterkeit und Wert, sowie Verstand,
Mäfsigkeit und Tüchtigkeit, Edelmut und hübsche Torheit haben
sich in euch festgesetzt. Mehr wäre zur Vervollkommnung eurer
vollendeten Persönlichkeit nicht erforderlich („mehr könnte nicht
dahin gelangen, ... zu vervollkommnen"); aber er, der euch schuf
und wollte, dafs ihr lebet, hat in nichts gefehlt.
X. Denn ihr seid besser als die Besten, die Trefflichste unter
den Trefflichsten und über die Höchsten erhaben und wifst, da
ihr in jeder Hinsicht schön seid, unermefslich viel Ehre zu er-
weisen, so dafs ich, falls ihr zu den Geringeren gehört, nicht Le
Mans noch Tours besitzen noch Graf von Anjou heifsen möchte.
XI. In der aufrichtigen Liebe allein gibt es sichere, reine
Freude („ist die reine Freude sicher"), und dessen, was ihr gebt,1
wird man wenigstens nimmer beraubt, weshalb ich euer Nein lieber
habe als das Geschenk irgend einer anderen. Und dürfte ich euch
sagen, warum? Weil ich später Kummer deshalb empfände.2
XII. Das sage ich keineswegs, um die Freigebigkeit zu tadeln,
denn Geben ist eine schöne Eigenschaft; indes möchte ich viel
lieber eine Zurückweisung erfahren, als dafs ihr mir geben solltet,
was ihr mir vielleicht hernach wieder nehmet. Aber eure Frei-
gebigkeit ist so schätzenswert, dafs, wer etwa eine der Liebes-
stufen ersteigt, nachher durch nichts in der Welt von da wieder
hinabgestofsen werden wird.
XIII. Die erste (Liebesstufe) ist die des schüchternen Lieb-
habers, die zweite die des Anbeters, die dritte die des begünstigten
Freundes, und auf der vierten heifst er3 Geliebter. — Derjenige,
welcher einer Dame sehr gern seine Liebe schenken möchte, sie
oft besucht und doch nicht wagt, sie deshalb anzusprechen, ist
ein ängstlicher Zauderer.
XIV. Und wenn sie ihm soviel Ehre erweist, dafs sie ihn
ermutigt, ihr offen sein Herz auszuschütten, wird er mit Recht
Anbeter genannt, und wenn sie ihn bei seinem Werben derart
freundlich behandelt, dafs sie ihm etwa ein Halsband, einen Gürtel
oder einen Handschuh schenkt oder seinetwegen ihr geringes oder
bedeutendes Vermögen vergeudet, dann ist er zum begünstigten
Freunde aufgerückt.
XV. Und wenn sie ihn wirklich begünstigt und es ihr beliebt,
ihm mit Küssen und Umarmung ihre Liebe zu bezeugen, alsdann
ist er ein richtiger, wohlbestallter Geliebter. Herrin, möchte doch
der Heiland euch Herz, Kraft und Gefühl verleihen, damit ihr aus
mir einen solchen rechtmäfsigen, wohlbestallten Geliebten machet!
1 Wenn es auch nicht viel ist.
* Wenn ich das Geschenk der anderen vorzöge.
8 Der die Stufen ersteigt.
Domna, vos m'avez et amors (B. Gr., S. 41). 29
XVI. Herrin, ich bitte euch, dafs ihr von mir Herz, Kraft
und Verstand, Willen und Mut, Demut und Einsicht zu eurer
Verfügung behaltet.1
XVII. Herrin, um eurer Bildung und eurer edlen Güte willen
flehe ich euch an, mir freundlichst Gnade zu erweisen.
2. reial ist als Subst. sonst „Königreich", vielleicht auch
„Gebiet" (s. Sw. 7, 184); aber für reialme findet sich ebenda neben
„Königreich" die Bedeutung „Regierung", die wohl auch hier für
reial in Betracht kommt; ich übersetze „Herrschaft".
20. salvaz wie salv, Sw. 7, 446, 2, „selig".
25. dich „Gewalt, Herrschaft"; vgl. se metre en lo dich de
alcnn „se soumettre au jugement de qn." (Pet. Dict.).
24 zitiert Raynouard, Lex. 5, 566 b und übersetzt: Je suis de
joie enveloppe.
32. Orgols es humilitaz; statt es hat L : e und Q : et\ in
beiden Hss. ist die Stelle mifsverstanden, und Q fügt, unbekümmert
um den Bau der Strophe, noch eine 9. Zeile hinzu. Der Dichter
will sagen, der auf hohem Standesbewufstsein beruhende Stolz der
Dame sei so gutartig, dafs er als das Gegenteil, als Demut, Be-
scheidenheit aufzufassen ist; vgl. v. 33 — 36. Über den Gegensatz
von humilitas und superbia handelt Wechssler, Minnesang, S. 392.
38. i, auf die 2. Person bezogen, Sw. 4, 222 a.
39. acollirs wie acu/himens, Zeitschr. 38, 309 „Gastlichkeit,
Leutseligkeit".
40. Wie dos „Gabe" und auch „Freigebigkeit" bedeuten
kann, so ist plazers und solatz neben „Vergnügen" bezw. „Kurz-
weil" auch: der Wille oder die Fähigkeit, Vergnügen zu bereiten
oder Kurzweil zu treiben.
41. teuer alcu „(in der Macht) halten", Appel, Chrest. S. 310a.
42. fasef=faif im folgenden Verse.
44. vo'n = vos en, s. Appel, Chrest. S. XIV, Anm. 2.
45. Non per zo qe hat doch wohl auch hier die Bedeutung
„aber doch", die Levy, Sw. 7, 671, 18 auf Grund von zwei Bei-
spielen "unter aller Reserve" ansetzt.
46. 47. vos zweimal hintereinander im Reime wie dire bei
B. Vent. (ed. Appel), Nr. 2"}, v. 40 u. 41; s. Appels Anm. S. 162.
53. que „während hingegen"; vgl. nfz. que = et neanmoins,
Sachs- Villatte, Enz. Wbch, S. 1265, IV, 4.
54. Ist nicht auch an dieser Stelle cuidar + Inf. = einf.
Verbum? Vgl. dazu Levy, Sw. 1, 426, 5.
55. Wie verwirrt der Liebhaber in Gegenwart der Geliebten
sein kann, das schildert auch G. v. Bornelh, Ausg. Nr. 2 V.
56. i „bei euch"; vgl. d. Anm. zu v. 38.
59. lezer „joie" (Pet. Dict.); hier ist es coita entgegengesetzt
und bedeutet daher wahrscheinlich „Wohlergehen".
1 Dafs ihr mich ganz als den Eurigen hinnehmet.
30 Nr. 4. Der Liebesbrief Domna, vos m'avez et Amors (B. Gr., S. 41).
62. gen tenen verstehe ich „beständig, standhaft"; vgl. afz.
tenant „ferme, solide".
63. garimen ist Sw. 4, 67 I. „Schutz" (in Bezug auf Gott
gesagt), 2. „Rettung, Heil"; diese Bezeichnung pafst gut für eine
Person, die den v. 59 u. 60 geschilderten Einflufs auf andere aus-
zuüben vermag.
64. talhatz, vom Körper gesagt, „gestaltet"; s. Appel, Cb.rest.308b.
65. Das coindesa, das in Q statt coindia steht, finde ich noch
nirgend belegt.
69. esdevenir a, = dem e. en, Sw. 2, 468, bedeutet „zu etw.
gelangen, etw. zustande bringen".
7 1 . poder -f- Inf. === einfachem Verbum fin., Sw. 6, 408, 3.
78 — 80. Der Sinn dieser Verse ist: Ich will nicht Graf von
Anjou heifsen, wenn ihr nicht die Beste seid, d. h. so wahr ich
der Graf von Anjou bin, seid ihr die Beste. Daraus geht doch
hervor, dafs ein Graf v. A. diesen Liebesbrief verfafst hat. In
Gr. 189, 1 (Diez, L. u. W.2 470) sagt Granet vom Grafen Karl I.
von Anjou, er besitze viel Land und Macht und sei voll von
fröhlichem Scherz und Kurzweil. Möglich, dafs dieser Graf das
domnejaire gedichtet hat.1 — Los Mans wird das heutige Le Mans
an der Sarthe, der Hauptort der ehemaligen französischen Provinz
Le Maine, sein. Anjaus, Maines und Tors werden auch von
Bertran de Born, ed. Stimming3, 8, v. 64 u. 65 zusammen genannt.
81 — 83. Die Endung -als verwandle ich in -aus, da letztere
in v. 21 — 23 bereits im Reime vorkommt und leiaus (v. 82) doch
im v. 21 mit repaus reimt.
88. L verdient den Vorzug, da das blasmaz von Q schon
v. 52 im Reime steht, während iraz in der Dichtung sonst nicht
als Reimwort begegnet.
90. mester „Eigenschaft", Sw. 5,261,3.
94 — 95 zitiert Raynouard, Lex. 3, 144,2; Str. XIII, XIV und
die erste Hälfte von XV zitiert Dammann, Die allegor. Canzone
des G. de Calanso, S. 74 in dem Kapitel von den „vier Stufen";
Raynouard, Lex. zitiert Str. XIII in 3, 79 a -f- 3, 305 b und Levy,
Sw. 3, 46 b Str. XIII bis apelaz und Str. XIV.
97. fegnedor übersetzt Raynouard durch aviant non avoue und
f. espaventat in v. 104 durch amant timide effraye.
99. entendedor. Levy sieht in ihm den von der Dame an-
erkannten, aber noch nicht durch letzte Liebeshuld beglückten
Liebhaber, Appel, Chrest. S. 246 b deutet den entenden als den
„Liebhaber im dritten Stadium".
102. Die Form sovens ist im Sw. 7, 859 b durch mehrere
Beispiele belegt. — cortejar „seine Aufwartung machen, besuchen",
Sw. 1, 384, 2.
1 10, corda aus Q = cordon; corda „Halsband" versieht Levy,
Sw. 1, 366, 2 mit einem Fragezeichen.
1 Vgl. auch Chabaneau, Biogr. S. 136b „? [Charles d'Anjou]", wo aber
von unserer Dichtung nicht die Rede ist.
Nr. 5. G. de la Tor, Plus qe las doranas (Gr. 236, 5). 3 I
in. nulhar „annuler, detruire" (Pet. Dict.) = afz. nuller.
Das prov. Verbum ist nur einmal nachgewiesen; s. Stichel, Altprov.
Verbum, S. 64.
113. Dammann zitiert den Vers nach L, ändert aber den
Anfang von v. 114 in Li platz.
116. druz aordenaz. Vgl. preyres adordenatz „pr6tre ordonne",
Raynouard, Lex. 4, 382 a.
117. Nach L müfste der Vers mit Verbesserung lauten:
Do?in\ o-l seiner de Betleen, denn der Name des Geburtsortes Jesu
ist im Prov. dreisilbig; vgl. Ponz de Capduoill, ed. v. Napolski,
I 2. — 0 wäre dann die Interjektion, die sich auch Appel, Chrest.
St. 60, 20 findet.
5.
Guilhem de la Tor,
Plus qe las domnas (Gr. 236, 5).
D 187, G 110 (S. 356), / 132 (MG. 651), «i 461 (Nr. 209).
— Nicht benutzt KLN. — Text nach G (01), Orthographie
nach a1.
D la\ trennen sich v. 38 mit einer Lesart, die lediglich das im
vorhergehenden Verse Gesagte in anderen Worten wiederholt, von
G, das auch in v. 55 allein nulla vez gegenüber dem nuiWora der
übrigen Hss. aufweist. Zu seinem Vorteil steht dann a1 mehrfach
mit G gegen DL zusammen; D L haben in v. 19 das auch v. 29
vorhandene Reimwort tener, v. 41 schreiben sie fälschlich deing statt
dei, v. 6 non statt no'tn, und v. 29 mufs wohl das schon v. 20 da-
gewesene deignassetz gegenüber dem volguessetz von G ax zurück-
treten. Auch in 21, 37, 45, 46, 48 u. 51 weichen DL von G a1
ab. Der Hs. a1 fehlt v. 36, und sie steht in v. 30, 39, 44, 54 u.
55 durch abermalige Verwendung von Reimwörtern G nach, so
dafs G im ganzen vor den anderen Hss. den Vorzug verdient.
Das Gedicht, eine Kanzone, setzt sich aus 5 zehnzeiligen
coblas unissonans und einer fünfzeiligen tornada zusammen. Das
Schema 8abbaccddee gehört bei Maus zu Nr. 549, 4; vgl.
auch Zeitschrift 38, 306, St. 17. Maus verzeichnete das Lied aber
unter 549, 19, da er c für zehnsilbig hielt.
Sich wiederholende Reimwörter sind te (tenet) v. 8 (hält) und
38 {te pro = fai pro), be 37 und Gel., v. 52, cre, 3. Pers., v. 27
und 1. Pers., Gel. v. 53, ve „sieht" v. 47 und „kommt" 48, sowie
vezer 40 u. Gel., v. 55.
32 Nr. 5. G. de la Tor,
I. Plus qe las domnas q'eu aug dir
Q'Alixandres trobet el broill,
Q'eran totas de tal escoill
Qe non podion ses morir
5 Outra l'ombra del broill anar,
No'rn porri'eu ses mort lognar
D'Amor qe m'a noirit ancse,
E pos enaissi ma mort te
E ma vida el sieu poder,
10 Ben li dei servir a plazer.
II. Si faz ieu si qe no m'en vir
Ni no m'en biais ni m'en toill,
Anz ai meillor cor q'eu non suoill
Chascun jorn d'Amor obezir
15 Qe'm fai vos, bella domn', amar
Qi'm pogras mon mal aleujar;
Qar enaissi de vos m'ave,
Q'eu cug, tant vos port bona fe,
Qe res no'm pogues far doler,
20 Si vos mi degnasses valer.
III. Ai, bella, pos tan vos dezir,
Toilla'us humelitatz l'orguoill
C'avetz vas mi, pos no'rn destuoill
D'amar vos, si be*m faitz languir.
25 Qe senz mentir vos puesc jurar
Qe non ha tal joi d'escapar
De la mort cel qe murir cre
Con ieu auria, s'ab merce
Domna'm volguessetz pro tener;
30 Tan ai en vos ferm mon esper!
I. I q auc G 2 Calixandris D 4 senes morit al 5 löbral 1
6 Non D I 7 norit G 8 p. aissi me ua m. ax
II. II qeu a1 12 b.] braill a1 ; ni no raen / 13 que n. D, qn
no G 14 £ascus zorn G 1 5 faz al 18 Qe c. al 19 ren G; non D I;
pogra a1 ; f. dolor G, dan tener DI 20 dignassez G
III. 21 Ha G, AD I; b.] domna D I; v. t. G 22 Toilla uos (uus G)
Ga1; humilitat l'o. G, h. o. ax 25 Car s. ax; puois iurat G 26 t. uoilla1;
descanpar /, descadar al 28 sap m. D I 29 Döna v. G; v.] deingnassetz D I
30 m. voler al
Plus qe las domnas (Gr. 236, 5). 33
IV. Car can vostre bei cors remir,
Tal joi ai q'eu no sai qe'm voill
Ni de dolor c'aia no'm doill.
Pos ai tal dol al departir
35 Con ha l'enfas, qi'l vol ostar
De sa mair'e aillors portar;
Qar vos m'es maire de tot be
Ni nuls jois ses vos pro no-rn te.
Pero no-m puesc d'ir'estener,
40 Qant ieu me loing de vos vezer.
V. Mas can vei q'a vos dei venir
E sai qe vos veiran mei oill,
Tan de joi e mon cor acoill
E tan son joios mei consir
45 Qe no-m pot d'ira remembrar,
Mas tant mi membra de chantar
E de joi qe totz hom qi-m ve
Se meravilia, don mi ve
Tan granz jois con ieu puesc aver
50 Ni con ai tan joios voler.
VI. Bella, si tot no-m voletz far
Aitan con poirias de be,
Eu cug ben e mon cor e cre
Q'en ren non vos fatz desplazer
55 Nulla vez q'ieu vos an vezer.
IV. 31 b. cor /, gent c. a» 32 iois G; qe non DI; q v. G
33 doler a\ lor /; non d. a* 34 (als /; a]] del G 36 fehlt «1
37 Que D I; toz <?«*; bes a* 38 Nimulz G; El j. (ioi DI, bes^j cai totz
(donz /, douz D) de uos mi ue (maue a1) Dia1 39 Per 90 D, Per cho G,
Per qieu al; dira tener a> 40 Canc D
V. 41 c. sai D G, c. fai /; deing v. DI 42 me o. G, meil o. a*
43 101a e a^ 44 iois G ; meu dezir a* 45 dira nom p. DI 46 Anz
m. m. t.de DI 47 qui t. / 48 Si G, Sen DI 49 ioi G, gaugz «1
VI. 51 Domna DI 52 qan poria G; de me / 54 Oe res nom
pogra far doler «1 55 Nuill ora D I- que uos ane v. /; Si uos mfdegnassez
uoler a1
1. Noch mehr als die Frauen, die Alexander, wie erzählt
wird, im Haine traf, welche alle von der Art waren, dafs sie, ohne
zu sterben, den Schatten des Haines nicht überschreiten konnten,
K Olsen, Dichtungen der Trobadors.
34 Nr. 5. G. de la Tor, Pias qe las domnas (Gr. 236,5).
wäre ich aufserstande, ohne zu sterben, die Minne zu verlassen,
die mich stets gefördert hat, und da sie mich („Tod und Leben
von mir") so in ihrer Gewalt hat, so mufs ich ihr wohl nach Ge-
fallen dienen.
II. Das tue ich, indem ich mich von ihr nicht abwende,
nicht entferne und nicht von ihr lasse, vielmehr empfinde ich
täglich mehr Lust denn je, der Minne zu gehorchen, die mich
veranlafst, euch zu lieben, schöne Herrin, die ihr mir mein Leid
lindern könntet; denn so kann ich es von euch erwarten, da ich
wegen meiner grofsen Treue glaube, dafs nichts mir sollte Kummer
bereiten können, wenn ihr geneigt wäret, mir zu helfen.
III. Ach, Schöne, weil ich euch doch so begehre, möge
Milde den Stolz, den ihr mir gegenüber zur Schau traget, von
euch nehmen, da ich nicht aufhöre euch zu lieben, obwohl ihr
mich schmachten lasset. Kann ich euch doch fürwahr schwören,
dafs, wer zu sterben glaubt, wenn er dennoch dem Tode entginge,
nicht solche Freude hätte, wie ich empfände, wenn ihr, Herrin,
mir gnädig helfen wolltet; so fest ist die Hoffnung, die ich auf
euch setze!
IV. Denn wenn ich eure schöne Person ansehe, bin ich so
froh, dafs ich mich nicht zu lassen weifs, und fühle den Schmerz
nicht, den ich etwa habe. Nachher beim Scheiden bin ich so
betrübt wie ein Kind, wenn man es von seiner Mutter fortnehmen
und anderswohin bringen will; denn ihr seid mir Quelle („Mutter")
jedes Glücks, und ohne euch kann keine Freude mir etwas nützen.
Deshalb kann ich mich des Kummers nicht erwehren, wenn ich
mich von eurem Anblick entferne.
V. Aber sobald ich merke, dafs ich zu euch kommen darf,
und weifs, dafs meine Augen euch sehen werden, ist mein Herz
so von Lust erfüllt („nehme ich soviel Lust in mein Herz auf")
und meine Gedanken sind so freudvoll, dafs ich alles Leid ver-
gesse („dafs mir die Erinnerung an Kummer nicht kommen kann"),
dagegen wieder so sehr an Gesang und Fröhlichkeit denke, dafs
jeder, der mich sieht, sich wundert, wieso ich denn so vergnügt
und guter Laune bin.
VI. Schöne, obgleich ihr mir nicht soviel Gutes erweisen wollt,
wie ihr könntet, so werde ich euch doch, dünkt mir, mit meinen
Besuchen niemals lästig.
1. Der Vergleich bezieht sich, wie Birch-Hirschfeld, Ep. Stoffe,
S. 22 unter Anführung der vv. 1 — 7 bemerkt, auf die Stelle im
Alexander- Roman des Lambert li cors (tors) und Alexandre de
Bernay, S. 345, v. 36 ff.; da bitten Frauen Alexander, sie nicht aus
dem Walde zu treiben, dessen Schatten sie nicht verlassen dürften,
ohne zu sterben (Bartsch, Afrz. Chrest. 192, 14 m).
Nr. 6. G-. de la Tor, Si mos fis cors (Gr. 236,9). 35
g. Oder ma vid'a?.
26. Statt tal joi hat al: tal vuoill. Betreffs des Substantivs
volh s. oben die Anm. zu Nr. 2, 12.
35. Unter den Vergleichen, in denen das Kind eine Rolle
spielt, führt Stoessel, Nr. 336 auch diesen an.
37. Für bildlich gebrauchtes maire gibt Stoessel S. 25, 107
zwei Beispiele. Vgl. auch lat. mater in der Bedeutung „Ursache,
Ursprung, Quelle, Wurzel, Grund".
38. Hs. 1: E-l Jois c'ai, donz, de vos mi ve\ D ebenso, nur
douz statt donz. Es scheint, dafs donz, das sonst nur in Verbindung
mit mi und si vorkommt, in I (D) alleinstehend statt domna als
Anrede verwendet ist, zumal da die Dame in dieser Strophe nicht,
wie in Str. II, v. 15, III, v. 2 1 u. 29 und VI, v. 51, mit domna
oder bella angeredet wird.
43. In Anbetracht der Variante ioia könnte man auch joV
schreiben.
49. puesc aver = ai.
50. voler, wie auch lat. voluntas, „das Wollen, die geistige
Richtung, die Gesinnung, der Sinn".
54, 55. Hs. a1 wiederholt hier nur v. 19 u. 20, abgesehen
von voler statt valer.
Guilhem de la Tor,
Si mos fis cors (Gr. 236, 9).
D 187, F 117 (133), G 1 10 (S. 355, anonym, vor Liedern
des G. de la Tor), / 132 (MG. 653); Dc 259 (204), v. 1 u. Str. II.
— Nicht benutzt KN. — Text und Orthographie nach F.
In v. 37 trennen sich D 1 hinsichtlich der Auffassung von
F G; auch fehlt DI der v. 17, hom in v. 19 und cd qui in v. 21;
ferner haben beide in v. 2 den starken Hiatus degra a, in 29 das
v. 30 wiederkehrende Reimwort traitz und in v. 30 falsche Reim-
endung. In / allein vermifst man noch v. 52 u. 53. Dc, das
nur Str. II bietet, schliefst sich da in v. 17 der Hs. F an. Während
aber in G v. 22, v. 30 und in v. 6 das Wort li fehlt und es in
^^ mers statt merces, sowie in 46 — 48 und 51 — 53 die Reim-
endung -az statt at hat, ist F frei von erheblicheren Fehlern und
somit als beste der uns bekannten Hss. anzusehen.
Das Gedicht ist eine Kanzone und besteht aus 5 zehnzeiligen
coblas singulars und einer fünfzeiligen Tornada. Sein Schema 7 a
36 Nr. 6. G. de la Tor,
7a 7a 7a 3a 7b 7b 3b 7c 7c ist als Unikum bei Maus unter
Nr. 23 verzeichnet. Homonyme Reime sind die 3 fer („Eisen",
„schrecklich", „stöfst" [Str. 1]), te „dich" v. 41 und „hält" v. 42,
desval v. 49 („schadet") und im Gel. 54 („ist weniger wert"), sowie
val v. 50 und im Gel. 55, reiche Reime fer, safer, infer (Str. 1),
dolor, valor, conortar, conquistar, sofertar, portar und plazer, vezer
(Str. II), esper an, garan, trairan, desiran, faran (Str. IV), pietaz,
beltatz (Str. IV) und rictat, humilitat, bontat, beutat, pietat, vertat (Str. V
und Gel.), leoninische Reime honramen, cubertamen, eissamen,
jauzimen, marimen und avenir, venir, fenir (Str. III). Zu beachten
wären ferner die zahlreichen Reimspielereien, die in der Häufung
von Reimwörtern gleichen Stammes bestehen: retrai, trat, atrai und
desconort, conort (Str. 1), conortar, desconortar und desplazer, plazer
(Str. II), avenir, venir und maltraitz, traitz (Str. III), confortz, descon-
fortz, fortz (Str. IV), te, rete, mante, chapte (Str. V).
I. Si mos fis cors fos de fer,
Si*s degr'el a 1'afFan fer
Esser partiz, q'el suffer.
Q' Amors lo bat tant e*l fer
5 Qu'inz l'infer
Li fora meillz, qom retrai,
Q'el fos q'e raffan, q'el trai;
Qe m'atrai,
Dompna, per vos desconort,
io Cui am, don non hai conort.
IL Pero si'rn dei conortar,
Q'eu sai q'en desconortar
Non pot hom re conquistar;
Per q'om deu be soffertar
15 E portar
En paz tot son desplazer,
Entro que vegn'al plazer;
Qe vezer
Non deu hom far sa dolor
20 En loc, on no'i a valor.
I. I cor F 2 Si d. DG I; degra a D I 3 qil s. G 4 Camor G;
ef.Z)/ 5 Qinz elfer G, Qel lo fer D, Que sofer / 6 Li fehlt G; retraia D
7 f. qen D, qu G; lafans qil G 8 Qi DG I; maltrai F IO nö G
II auch in De. II Per so / 14 Perqoz D«; soffretar F 17 fehlt DI,
Si nö pot far tot so p. G 19 hom fehlt I und urspr. D 20 noil ha DI, uola G
Si mos fis cors (Gr. 236, 9). 37
Qar cel se fai honramen,
Qe semblan de jauzimen
Fai e te cubertamen
En son cor son marimen;
25 Q'eissamen
Com li pot mals avenir,
Li poria bes venir,
Qe fenir
Poria totz los maltraitz
30 Q'el ha per totz temps mal traitz.
IV. Per q'eu suffren esperan
Aten e si vau garan
S'amors e merces trairan
Vas me joi, don desiran
35 Mi faran
Langir, si no'm ve confortz
Per lor, e mos desconfortz
Es trop fortz,
S'ab vos no"m val pietatz,
40 Dompn', on es fina beltatz.
V. Com plus me diz ,vira te'
Mos cors, vostr'amors, qe'm te,
Adoncs plus fort me rete.
Ai, dompna, cui jois mante
45 E chapte,
Non gardaz vostra rictat,
Mas gardaz humilitat
E bontat;
Qe ricors crei qe desval
50 Ses merce plus qe non val!
III. 21 cel qui fai I und -wohl urspr. D, wo se auf Rasur ; honramenc F
22 fehlt G 23 cubetam G 26 pocZ>7, pog G; mal G I 28 Qui D
29 los mals traitz DI, li maltraich G 30 fehlt G; mal traich D, mal trag /
IV. 32 g(r)aran F 33 mers t. G 34 Uer D I\ mel j. D Gl 3611
ue G 37 1. m. grans d. D I, 1. enios (= e mos) d. G 38 Er DGI 39 n v. G
V. 41 Som F; di DI; iurate G 42 cor FG; amor G 46 gardez DI;
ritat D, rictaz G 47 humilitaz G 48 bontaz G 49 cre D G I
50 n.] uon /
38 Nr. 6. G. de la Tor, Si mos fis cors (Gr. 236,9).
VI. Caps de prez, flors de beutat,
Aiaz de mi pietat!
Q'en vertat
Vos die qe vida'm desval,
55 Si merces ab vos no'm val!
VI. 51 flor de beutaz G 52 fehlt I; pietaz G 53 fehlt /; uertaz G
54 uitam D I
I. Wäre mein treues Plerz auch von Eisen, so müfste es
dennoch bei dem schrecklichen Kummer, den es erduldet, schon
gebrochen sein. Die Minne schlägt und quält („stöfst") es nämlich
derart, dafs ihm nach dem, was man (von der Hölle) berichtet,
wohler wäre, es lebte in der Hölle als in solcher Kümmernis; denn
sie verursacht mir Leid um euretwillen, Herrin, die ich liebe, wo-
von ich aber keine Freude habe.
IL Indessen mufs ich mich trösten, weil ich weifs, dafs man
mit Klagen nichts schaffen kann, weshalb man wohl sein ganzes
Mifsgeschick ruhig ertlulden und tragen mufs, bis man Freude
erlangt; soll man doch seinen Schmerz nicht zeigen, wo das
nichts nützt.
III. Der nämlich verschafft sich Ehre, der Frohsinn zu er-
kennen gibt und seine Betrübnis in seinem Herzen verbirgt; denn
ebenso wie ihm Übles zustofsen kann, könnte ihm ein Glück zu-
teil werden, das imstande wäre, allen Leiden, die er stets in
schlimmer Weise erduldet hat, ein Ende zu machen.
IV. Deshalb warte ich duldend und hoffend ab und passe
doch auf, ob Liebe und Gnade mir eine Freude verschaffen, wegen
welcher sie mich in Sehnsucht werden vergehen lassen, wenn sie
mir ihre Hilfe versagen, und mein Kummer ist zu mächtig, wenn
mir Mitleid bei euch nichts nützt, Herrin, die ihr vollkommene
Schönheit besitzet.
V. Denn je mehr mein Herz mir sagt: „Wende dich", um
so stärker hält mich die unwandelbare Liebe zu euch („die Liebe,
die mich fesselt") zurück. Ach Herrin, welche die Lust stützt und
leitet, ungeachtet eurer Vornehmheit bewahret Milde und Güte;
glaube ich doch, dafs Adel ohne Gnade mehr Schaden bringt als Nutzen !
VI. Gipfel des Wertes, Blume an Schönheit, habet Mitleid
mit mir, denn, das versichere ich euch, das Leben verliert für mich
wirklich seinen Wert, wenn mir Gnade bei euch nicht hilft!
1. v. 1, 30 u. 38 bestehen aus lauter einsilbigen Wörtern.
3. partir „brechen (vom Herzen gesagt)", Sw. 6, 103, 6.
5. inz, das sonst nur als Adverb und in Verbindung mit en
oder de begegnet, ist in F, wie das häufig mit dinz geschieht, als
Nr. 7- G. de Poicibot, S'ieu anc jorn (Gr. 173, 11). 39
Präposition gebraucht; auch afz. ens ist Adv. u. Präp. — Eine
Änderung in q'e Vinfer ist demnach nicht nötig.
6. retrai „es wird erzählt, berichtet", Sw. 7, 301,6.
12, 13 zitiert Raynouard, Lex. 4, 389 b.
18, 19. Auch andere Dichter ziehen es vor, ihren Liebes-
kummer nicht merken zu lassen; B. de Ventadorn (ed. Appel), 25,
35 sagt Tan n'ai de pezansa Que totz nien desconort; Mas no-n
fatz se?nbla?isa, C'ades chant e deport, und G. de Bornelh, Ausg.,
Nr. 23, 81 Merce No-lh deman, Mas vauc m'alegran Com no cono-
gues Ni saubes Vafan.
28. F hat '/hur; aber wegen des wohl vom Dichter beab-
sichtigten leoninischen Reimes setze ich nach den übrigen Hss.
fenir in den Text.
30. los maltraitz, q'el ha mal traitz ist ein Wortspiel; traire
maltrait = traire mal, afan, trebalh oder = sofrir maltrait.
37. dssconfort fehlt noch in den prov. Wörterbüchern; das
afz. Verbalsubst. descon/ort „Leid, Kummer" s. in Försters Wbch.
und vgl. auch bei Godefroy afz. desconfortance und desconfortement
„decouragement".
43. adonc; s. Appel, Chrest, Gloss., S. 206b on mais —
adonc mais.
49 — 50. Vgl. dazu Nr. 2, v. 14—18 (Daude de Pradas).
7.
Gausbert de Poicibot,
S'ieu anc jorn (Gr. 173, 11).
A 116 (331; Arch. 33,459), #47, G 104 (S. 339), ffiy (57),
P 10 (Folquet, Arch. 49, 75), U81 (Arch. 35, 418). — Nicht be-
nutzt CIKNRS Ta. — Text nach AG, Orthographie nach A.
Der Umstand, dafs D H P ' U in v. 35 das auch in v. 60 vor-
kommende Reimwort aital statt des tal von A G haben, würde zur
Gruppierung der Hss. noch nicht ausreichen, wenn nicht A G auch
in v. 6, 18 u. 60 die bessere Lesart aufzuweisen hätte. In v. 56,
wo D P ganz fehlen, hat G allein das Richtige mit rics, das sich
in A HU nicht findet. Auch, wo G mit U zusammengeht, in
v. 4, 8, 11, 27, 43, 45, bietet es meist Annehmbares. In A D ist
v. 13 wegen des fehlenden e um eine Silbe zu kurz. Man geht
gewifs nicht fehl, wenn man dem Text A G zu Grunde legt.
40 Nr. 7. G. de Poicibot,
Das Gedicht ist, wie auch v. 51 besagt, eine Kanzone. Das
Lied wird von 4 zwölfzeiligen Strophen, einer zwölfzeiligen und
einer vierzeiligen Tornada gebildet. Es handelt sich um coblas
unissonans. Das Schema 6a 6b 6b 6a 6a 6b 7b 7a 7c 10c
8 d 8 d ist bei Maus unter Nr. 449 für Gausbert insofern nicht
ganz richtig dargestellt, als Maus der 7. und 8. Zeile, die in Joan
Esteves ähnlich gebautem und mit den nämlichen Reimendungen
ausgestattetem Planh nur sechs Silben haben, auch nur sechs
Silben statt sieben gibt. Die Strophen 1 — 4 haben immer im
2. Verse als Refrain die Anrede Amors.1 Die 5. Str. ist, wie ihr
Inhalt und das Fehlen des Refrainwortes zeigt, als erstes Geleit
anzusehen. Wiederkehrende Reime sind prezans v. 8 u. Gel., 52,
enans, Adv., v. 25 und Subst. v. 44, esper v. 10 u. Gel., 61, valer
„nützen", v. 22 u. „gelten", Gel., 62, val v. 12 u. Gel., 64 und
natural „richtig, wirklich", v. 48 u. „vollendet", Gel., 63.
I. S'ieu anc jorn dis clamans
Encontra vos, Amors,
Orguoills ni desonors,
Ara'm dei e mos chans
5 Humiliar dez tans
E laissar mas ciamors,
Pois ma dompn' Elionors,
La pros comtessa prezans,
O deign'enaissi voler,
10 E si tot ieu de vos grat non esper,
Be-us dei grazir lo ben e*l mal,
Puois ill m'o manda, que tant val.
IL Humils e merceians
Mi rend a vos, Amors,
15 Car mi forsset errors
I. 1 j. fehlt G; claman P 3 Orguoill APU 4 Er mi d. en G,
Ar mon dei a U 5 des D, dos A H P U 6 E lassar P, E llausar D, Et
aissar H, E blasmar U 7 Mas U; lionors A, lienors D H 8 contenssa D,
regina G U, rayna P; peisans G 9 deigna (denhan P) aissi AP, d. onaissi G
ioieu]en G\ g.d.v. G, v.g. Z> 11 Bes^P, Ben U; deZ»; bes G, danADN
12 mi m. U, ma m. P, o m. G
II ist III in U. 13 Omils D; e fehlt A D 14 ab v. U 15 forchet
e. G, for se terrors U
1 Darin, dafs dieser Refrain sich auch bei Folquet de Marseille (ed.
Stroriski), St. VIII findet, sieht Stronski, S. 123* den einzigen Grund, dafs P
unser Lied dem Folquet attribuiert.
S'ieu anc jorn (Gr. 173, 11). 41
E'ill lenga malparlans
Q'e*us fos contrarians
Ab digz maldizedors,
Et ieu vos dirai lauzors
20 E de plazers cent aitans
Que non vos dis desplazer;
C'orgoills sai ben que no m'i pot valer,
Per c'oimais d'enemic mortal
M'auretz amic fin e leial.
III. 25 Q'ie'us vencerai enans
Merce clamans, Amors,
Ab precs et ab temors;
Qe s'ieu ab braus semblans
Vos era contrastans
30 Nr us dizia folors
Ab fals digz reprendedors
E si mos leugiers talans
Mi fetz orgoillos parer
Encontra vos ni dire non-dever,
35 Ben dei far penedensa tal
Cum taing a forfaich desleial.
IV. Sabetz cal? Als mieus ans
M'er totz temps mais, Amors,
Doussa ma greus dolors
4° E bes e pros mos dans
E sojorns mos affans
E gabs e ris mos plors
16 El. DH, Nil. U; mals parlans D H 18 dig P, moz U\ mals
disedors (decedors U) D H P U 19 Ez eu d. v. G, Et ieus d. A P, Mas er
v. d. U 20 plaiser U 21 no GH, anc non U; diz G; desplasers D H,
plazer U 22 Co. seu be G, E o. uei U\ no me p. G, non i p. U, mi po D
23 quois mais D 24 amics U\ finc G
III ist II in U. 25 uenzeria e. G; Seu uen sereai annans U 26 merces G;
claman A HP 27 fehlt P; A p. et a G U 28 a brau G U, am b. P
31 fols U; dig P 32 leugier U 33 Mo U 34 E contra U; ne U,
e G, nol H; d. ren d. c7 35 deu G; penedenss aital D HPU 36 t. a]
teingna i U\ forfaic D ; deslials U
IV. 57 Säbel G; cals G, qe P; als] al G, fehlt U; mo sanz U
38 Mor t. t7, Merzes Z>; m. uas a. U 39 Doza m. g. G, A dolca mas greu U
40 ben e p. mon c7 41 Esoiors G, E soiorn U 42 E gaug U, E gaugs />
42 Nr. 7. G. de Poicibot,
E mos loncs trebaills legors
E totz mos destrics enans
45 E miei gran enoi plazer,
E despendrai mo sen e mon saber
En vos gen servir a jornal
Cum hom serv seignor natural.
V. AI rei dels Alamans,
50 Cap dels emperadors,
Vai, chanssos, cui valors
Dona sobrels prezans
Tant de pretz cum es grans
Sobre totz sa ricors,
55 E del sieu pretz es autors
Lo sieus noms rics benestans,
Q'el a fre de ric per ver;
Per refrenar vils faitz e retener
Q'us non toc a son pretz cabal,
60 Fre de ric e man port'aital.
VI. Del rei d' Aragon esper
C'ades meillur e sapcha mais valer,
Qand el aura sen natural,
Pois joves sap tant e tant val.
43 m. grans GU; trebailh U, trebaslz G, treblaus D 44 destric P, de-
streics //; E m. gran d. en nans U, E folia mer gazains G 45 E m. gräz
enueiz G, Mei g. enug U, E tuich m. e. AD H P 46 senz G 47 E v. D H\
gen fehlt G 48 Cirai sers s. G, Com hom stignor H, Comon son seingnor U
V fehlt DP. 49 del G; halemanz H, alamaus G 50 Caps GHU\
emperador H 51 chanson H 52 Döna G, Da prez U; sobrel U; pre-
ganz H 53 T. donor qar es U 54 S. totas r. H , Qe sos faiz ausors U
55 IL fehlt A\ aüctors G; Qe de bons faichz es a. H, Qel sal prez e puia en-
nanz U 56 seuus H , seu G; rics fehlt A H, E so ben es tans U
57 Qeilh U, Cel G, Qe H\ a nom freseric U, tes fresderic H\ de v. U 58 re-
strenar v. H, refrenail uil G 59 Cun H\ al seu U 60 de fehlt A\
riqema G, riqesa H U
VI fehlt D G P U. 61 arangon H 62 e sa pogz arnais v. H 64 P.
tan j. s. t. e v. H
I. Wenn ich schimpfend euch, Minne, je boshaft und un-
ziemlich verleumdete, so mufs ich mich jetzt in meinen Liedern
zehnfach demütigen und meine Klagen einstellen, da meine Herrin,
S'ieu anc jorn (Gr. 173, n). 43
die wackere, treffliche Gräfin Eleonore, es so zu wünschen beliebt,,
und obwohl ich von euch (der Minne) keinen Dank erwarte, so
mufs ich euch wohl für das Gute und (auch für) das Üble danken,
da sie, die soviel gilt, es mir aufträgt.
II. Demütig und ehrerbietig („um Gnade bittend") ergebe
ich mich euch, Minne, denn der Irrtum und die lästernde Zunge
zwang mich, mit verleumderischen Worten mich gegen euch feind-
selig zu zeigen, und ich werde euch loben und hundertmal soviel
Freundliches sagen, wie ich euch Unfreundliches sagte; kann mir
doch wahrlich Hochmut bei euch nichts nützen, weshalb ihr nunmehr
an mir statt eines Todfeindes einen treuen, aufrichtigen Freund
haben werdet („aus einem T. . . . bekommen werdet").
III. Eher nämlich werde ich euch, Minne, mit Bitten und
Ehrfurcht, um Gnade flehend gewinnen; denn wenn ich euch mit
häfslichen Anspielungen bekämpfte und mit falschen, tadelnden
Worten Dummheiten sagte und mein Leichtsinn mich gegen euch
hochmütig erscheinen und Ungebührliches sprechen liefs, so mufs
ich nun wohl solche Bufse tun, wie es sich für einen sündigen
Treulosen geziemt.
IV. Wifst ihr, welche? Stets („mein Lebelang") soll mir,
Minne, künftig mein arger Schmerz angenehm sein, mein Schaden
soll Glück und Nutzen, mein Leid Lust, mein Weinen Scherz und
Lachen, meine lange Mühsal Ruhe, jeder für mich eintretende
Verzug Förderung und meine grofsen Ärgernisse sollen mir Ver-
gnügen sein, und ich werde meinen Verstand und mein Wissen
dazu benutzen, euch immer gut zu dienen, wie man einem richtigen
Herrn dient.
V. Lied, gehe hin zum König der Deutschen, dem Haupte
der Kaiser, den Tüchtigkeit so hoch über die Trefflichen stellt,
wie seine Macht alle übertrifft, und seinen Wert bezeugt sein hoher,
passender Name, denn er besitzt fürwahr den Zügel eines Mächtigen ;
um gemeine Taten zu hemmen und zu verhindern, dafs irgend
jemand an seinem hervorragenden Wert rühre, trägt er solchen
machtvollen Zügel in seiner Hand.
VI. Der König von Aragon wird hoffentlich alsbald besser
werden und immer mehr zu gelten verstehen, sobald sein Ver-
stand ganz ausgebildet sein wird, da er doch bei seiner Jugend
(schon jetzt) soviel weifs und gilt!
Der Mönch Gausbert de Poicibot dichtete etwa von 12 10 — 30
(s Chabaneau, Biogr. S. 144). Die Entstehung der Kanzone, in der
Friedrich reis de/s Alamans und caps dels emperadors genannt wird
(v. 49 — 50), fällt wohl in die Zeit nach der Krönung Friedrichs II.
zum Kaiser, die am 22. Nov. 1220 in Rom stattfand; v. 59 kann
sich darauf beziehen, dafs Friedrich 122 1 seine königlichen Rechte
44 Nr. 7. G. de Poicibot, S'ieu anc jorn (Gr. 173, 11).
energisch wiederherzustellen suchte. Damals konnte auch Jakob I. von
Aragon (geb. 1208, reg. von 12 13 — 76), von dem im 2. Gel. die Rede
ist1 (s. Jeanroy, Ann. du Midi 27,151 Anm. 3), noch der unfertige
(v.63), der junge König (v. 64) genannt werden. Eleonore, die Schwester
von Jakobs Vater Peter, die etwa von 1204 an, wo sie sich in
noch sehr jugendlichem Alter befand, mit dem 1222 verstorbenen
Grafen Raimund VI. von Toulouse vermählt war (s. Bergert, Damen,
S. 25), dürfte, als Gausbert sie hier (v. 7) feierte, nicht viel über
30 Jahre alt gewesen sein.
5. dez tans) da Gausbert Übertreibungen liebte (s. v. 20 cent
aitans), so ziehe ich dez aus D G dem dos von A HP U vor.
7 — 8. Eleonore, Gräfin von Toulouse, wurde als Tochter des
Königs Alfons IL von Aragon von mehreren Trobadors auch, wie
hier in GPU, „Königin" genannt (s. Bergert, S. 26).
II. lo ben e'l mal aus GPU scheint mir angemessener als
lo dan e'l mal von A D H; denn der Dichter hat, wie aus v. 15
u. ig hervorgeht, der Minne auch für Gutes dankbar zu sein.
28. semblan „versteckte Worte, Anspielungen", Sw. 7, 544, 13.
43. In dem Zitat Levys, Sw. 4, 355 b (aus Appels Ined.
S. 154) entsprechen die Verse E mos trebalhs es li legors, E li es
sojorns mos afans hier den vv. 43 u. 41; m. E. gehört die Stelle
im Sw. zu legor 1, da doch bei der anderen Deutung Levys beide
Verse dasselbe besagen würden.
44. destric, im Gegensatz zu enans „Förderung", ist „Auf-
schub, Verzug"; s. im Pet. Dict. „hesitation, d61ai".
47. a jornal „täglich, immer", Appel, BVent, S. 373, „fort-
während, ohne Unterlafs", Sw. 4, 274, 7.
48. natural „angestammt, rechtmäfsig", Sw. 5, 363, 5, „richtig",
Appel, Chrest. 277b; im v.63 bedeutet das Wort „vollendet, aus-
gebildet", s. Sw. 5, 364 „accompli".
49. Nach Diez, Poesie2, S. 80 kommt es .selten vor, dafs das
Geleit eine ganze Strophe einnimmt. — Torraca, Lirica italiana,
S. 313 und Wittenberg, die Hohenstaufen im Munde der Trou-
badours, S. 35 zitieren diese tornada nach A. Beide erwähnen
auch, dafs derselbe Dichter im Geleit von Gr. 173,3 den Kaiser
Friedrich abermals preise. Frederic steht aber da nur in A (327),
während in G (S. 344), P (Folket, Arch. 49, 76, 7), Q (S. 151) und
tf1 (S. 294) das Lob „Herrn Amalrich" gilt, vielleicht Amalrich
von Montfort (s. Diez, L. u. W.2, S. 369), dem dann Gausbert, der
Mönch, als jener im Juni 12 18 nach dem Tode seines Vaters
Simon IV. von M. die Führung des Kreuzheeres gegen die Albi-
genser übernahm, wohl seinen Grufs entbieten wollte, während etwa
irgend ein Anhänger der Albigenser, damit unzufrieden (s. Lewent,
Kreuzlied, S. 43 f.), den Namen Amalrich durch den Friedrichs
ersetzte. Die betreffende tornada lautet:
1 Nicht Peter II., wie Bergert, Damen d. Trob., S. 25 annimmt.
Nr. 8. Aim. de Belenoi, Aissi quo'l pres (Gr. 9,3). 45
N'Amalric, totz jors
Meillura vostra lauzors,
Per qu'ieu en chantan
Trac vostre bon pretz enan.
(Var. : i Frederic A, Amalric Q a1, Almaric G 2 Millora Q, Sesmera
P, Creis A; v. valors Pal 4 Trag aS; v. p. AG; adenan A).
So ist es denn wohl nicht blofser Zufall, dafs später Joan Esteve
in seinem Klagelied auf den Tod "Amalrichs IV. von Narbonne
(f 1270) Gausberts Friedrich -Lied (173,11) in Bau- und Reim-
endungen nachgeahmt hat, das ihm eben für seinen Zweck
schliefslich mehr zugesagt haben mag als dessen Gedicht mit
dem Geleit an Amalrich.
55, 56. Vgl. dazu das Geleit in Aim. de Pegulhas Lob-
gedicht auf Friedrich IL (MW. 2, 171) Be pot aver lo nom de
Frederic, Que ' l dig sott bon e • l fag son aut e ric.
57. fre de ric, das Wortspiel kommt zweimal vor, hier und
in v. 60. — Über das Spielen der Provenzalen mit dem Namen
Frederic s. Tobler, Verm. Beitr. 22, S. 247 und Sitzungsber. d. Kgl.
Preufs. Akad. in Berlin von iqoo, S. 238 fr. zu Gr. 461, 219, 31.
59. Wittenberg übersetzt S. 86 „zu verhindern, dafs jemand
seinen ritterlichen Wert erreicht"; tocar a bedeutet aber wie frz.
toucher ä qc. „an etw. rühren".
61, 62. Auch nach it. sperare che kann der Konj. stehen,
weil ja das Erhoffte zukünftig und noch nicht wirklich ist; siehe
Vockeradt, § 245.
64. In der Tat zeichnete sich Jakob L, „der Eroberer", in
der folgenden Regierungszeit durch Weisheit, Ritterlichkeit und
Edelmut unter den Fürsten des Mittelalters besonders aus.
8.
Aimeric de Belenoi,
Aissi quo ' 1 pres (Gr. 9, 3). *
A 120 (343), C 145 (MG. 194), ^> 55, H 2 (6), M 148
(MG. 889), P 3 (Arch. 49, 64), U 120 (Arch. 35, 446), c 55 (Stengel,
Nr. 80). — Ftb, Str. III (Nr. 84), a, Str. III (MG. 1, S. 192,
1 Ob die hier als Nr. 8, 9 und 10 herausgegebenen Lieder des Aim.
de Belenoi inzwischen auch, einer mir soeben erst bekannt gewordenen An-
kündigung vom Jahre 191 5 gemäfs, durch De Bartholomaeis in den Ann. du
Midi ediert worden sind, vermag ich nicht zu sagen.
46 Nr. 8. Aim. de Belenoi,
Aza'is, v. 28827 ff). — Nicht benutzt: ElKLNRSf. — Ab-
weichende Attribution: Giraut de Bornelh P — Text nach
MPc, Orthographie nach C.
Strophenfolge: 12 3 4 5 Pc
2 3 5 4 6 M
2 [2 a] 3 5 4 6 C
2 [4a] 4 5 3 6 Dil
2 [4a]. 4 5 3 A
2 4 5 3 6 U
Die in C auf die 2. Str., in ADH auf die 4. folgende, Mon
dan beginnende Strophe fehlt in M P U c. In der Tat ist sie
verdächtig durch die beiden Reimwörter abelhir und razo, die v. 33
bezw. v. 32 ebenfalls im Reime stehen, durch die plötzliche, un-
begründete Anrede an die Verleumder und wegen ihres entbehr-
lichen Inhalts. Von der Gruppe MPUc machen MPc die Fehler
anderer Hss. in v. 24, wo razo im Reime sicher falsch (v. 32) und
nach dem Vorgehenden parlar dem vezer mindestens vorzuziehen
ist, nicht mit; auch in v. 14 scheint ihr no Ven pren das Ursprüng-
lichere zu sein. Die Anordnung der Strophen ist in Pc an-
gemessener als in M; die 5. Str. von Pc eignet sich mit ihren
letzten Versen, in denen der Dichter wieder auf die in der 1. Str.
erwähnte Flucht vor der Geliebten in einem allgemein gehaltenen
Satze zurückkommt, besonders gut als Schlufsstrophe. — MPc
gemäfs setze ich die Str. Mon dan in die varia lectio und gestalte
auch den Text vornehmlich nach ihnen.
Das Gedicht ist eine Kanzone, die aus 5 achtzeiligen coblas
unissonans und einer vierzeiligen Tornada besteht. Das Schema
ioabbaccdd gehört bei Maus zu Nr. 535, 20. Pro „Nutzen"
kommt als Reimwort v. 8 und 31 zur Verwendung, es „ist" v. 30
und 38; aufserdem werden conques aus v. 13 und bo aus v. 39 im
Geleite wiederholt. — v. 42 hat epische Zäsur.
I. Aissi quoT pres que s'en cuja fugir,
Quant es estortz e hom pueys lo repren
E li dobl'om son perilos türmen,
Cugey ab genh de la preyzon eyssir
5 D'Amor, que m'a tan duramen repres
Que per nulh gienh estorser no'lh puesc ges.
I. 1 qant se c. U; fuzir F, fuger D 2 Q. es] Ades c\ estort P,
estroc D, torz U; p. h. A C U 3 Hill D H, Ellen P; dobla hom D H,
dobla P, doblon M, doblan U; sos M; p.] doloros D H, cfoloiros A
4 Cugia D\ ab engeing U; de sa p. CP 5 qe ma si d. M, q. t. mala-
ment ma U; r.] conqes P 6 Don per M\ estortz D II, eissir U;
non p. A W c
Aissi quo'l pres ((jr. 9,3); 47
Anc mai no fuy en tan mala preizo
Que sens ho gienhs no ' m pogues tener pro.
II. Per aital gienh mi fetz mos sens partir
10 De son pays qu'eu no vis son cors gen,
Quays qu'oblit om so que no ve soven;
Mas anc mos sens no\s pot tant afortir
Quem giet del cor selha que m'a conques,
Don cug murir, si no'lh en pren merces;
15 Que mon cor es miralhs de sa faysso,
Per que'l fugirs no*m fa ren si mal no.
III. Tan m'es al cor que, quan de Heys cossir,
Selhs, que parlon a me, ges no'ls enten
7 Canc AD ff; fu P, mes D ff, mis c7; ta C 8 s. o gienh ff M,
s. ongues P, sen o geing c, s. ni g. A, g. ho s. C; no mi A M, noi D ff,
non U\ pot t. A, degues t. C, tengessan M
II. 9 Cab P; men f. P; mons ff, mon D P U c; sen P c, ses U
10 Del sieu A; que n. A C D ff U; ui DPc; cor U II Quays quom
ob. C, Qai com ob. om U, Qes ob. hom c, Caschun ob. P; so qom MP;
nom P U 12 a.] ges AD HU; mon sen nos p. c, m. ses nos poc M,
m. cors noys poc C, mon cors non pod P, non p. mon ses 17, era nom p.
(puosc^4) AD, era nos p. ff 13 Qe g. D ff, Qieu g. M; dal col P\
celei A ff U, colei D; ge ma P; conquis D 14 Anz A; crei Pc; no
llen p. M, no len p. Pc, nom (non HU) socor (socois ff) A D ff U, no
men ual C 15 Car DHU; mos AD H M U; cors AD HP; mes ACM
16 fugir D Mc; non c/; f.] ual D H. es Pc; res C, al il/
IIa steht in A C D H, fehlt in MP U c.
Mon dan mi fai sa valors abelhir
10a E mon destric, lauzengier maldizen,
Qu'ieu jur per Heys — qu'ieu l'am tan coralmen —
Que nulh mon dan non conosc, quan m'albir
Re que*l fos mal; e donc ylh conogues,
Per amor Dieu, l'af'an en que m'a mes
15 a E mandes me a cuberta razo
So per qu'estes en bona sospeysso!
IIa. 9a) ualor H na) uir p. C; le H\ que lam A; c] finamen A
12a) Queu D H; conois A; q.] tan D 13a) Ne (Que PI) quill D H; d.
(docs D) il conges D H 14 a) lamor D H; af.] amor A 15 a) ab c.' C
16a) S. p. qeu steis D H , per qieu e. A; en] on D
III auch in Fa. 17 el c. A D F H M ; coissir M 18 Cels M, Celh a
(Az.), Ce\DH; qi parla D H; abmeACDFHM; g.] ieu A C M U a\
noll D, no 1 H
48 Nr, 8. Aim. de Belenol ,
E fatz lor en ab esguardar parven
20 Et ab semblan et ab ,oc' e ,non* dir
E pas entr'elhs tristz, ab fin joi cortes
Pessan de Heys cum vezer la pogues;
Qu'ieu non ai joy, mas tant quant ab leis so,
Ni l'aus parlar, tant ne tem mal resso.
IV. 25 Als no puesc far mas lai, on puesc auzir
De leis parlar, m'en tornarai corren;
Quar fis amicx pren gran refranhemen,
Quant au sidons lauzar ni enantir
Ni pot parlar ab selhs cuy platz sos bes.
30 Quar negus hom tan enemicx no m'es,
Si la#m mentau, qu'ieu no vuelha son pro,
Sevals d'aitan quan dira sa razo.
V. Mas tot, quan deu az Amor abelhir,
E tot, quant es a leyal pretz plazen,
19 Mas ADFHc; faz les ben c; al les gardar P, a bens parlar U
20 Cab s. P, Ab s. Rayn. (1. r. 4, 325 b), Et ab rire ACD FMUc, Et ab
rieyre a, Et ab erire H\ ab oc e'n non dir Rayn., ab ioc e n. d. M, ab
non dire U 21 pars M, pais H, pois c, pos P; trics D, tris P c, trist
CFU\ ab] de M; f.] far H\ j.] cor C, cors a; conqes F 22 c] quo u;
ueuzer P 23 ha j. D; m. t. cum D F H, m. qu. Ca, entro qu. U; ab
le M, ab li H, ab elha C, amb ela a 24 Ni lau U, Ni naus Pc; p.]
uezer CDHMa; t. tem son m. Fe, t. ten mi m. D, t. enten m. A M P c1 \
raso A H\ raizo M
IV. 25 AI D H; pos f. D H, aus f. c, fai fair P, farai M; la on
sai a. D H 26 D. 1. parlanz D, P. d. 1. A C\ raen tornerai Mc, men ne
uau U, men uau ades C, torn ades lai A 27 Que AD H; uns HM, fin £/
amans Ac; per P, z C, na. A; g. fehlt U\ refraemen c, retrabemen P, refrena-
men D H 28 Canc D; auc D, auz H, aus P, aug ü/; si don c ; 1.] parlar ^4.
ni enanzir />, et e. U, menantir c 29 Nil H, En P, ECc; po p. D, pert
p. ZT, parla pois c, pari ab leis P, pot uezer j!/; a cels A D H c, aicel £/,
cellui .fl/, abP; c] qui ^/, ni D\ los b. <r, toz s. b. P 30 Que C/Z,
Qen U, Qeu Z>, Pero ^4; nuills ^4, nesun £/; homs Zf M; enemic c, enami:s
Z>P; norres P 31 Sillam m. U, Sella me tau P, Si lamentau De ; quen
non A qe non M 32 Siual d'a. £7, Siuals a. M P, De tan s. D Zf; q.]
cum ^4 CZ> ZT; d.] el ditz A ; sa raiso */, \&x. AD H
v- 33 Que i.ADH, Trestot <:, Tiesta t. Z"; a honor a. Pc 34 /<?A# U,
34 «• 35 umgestellt M 34 qanz es ZT, cant sai Z>, qan uei ZV, qan tainh M,
cantplatz^4; a ualen pr. M, en uerai pr. Pc; pl.] ualen Pc
Aissi quo*l pres (Gr. 9, 3). 49
35 E tot, quan tanh a joy et a joven,
Hi vey ades, on plus prim la remir,
E quar ncri ve a mos huelhs so que pes,
Muer de dezir; qu'estranha dolors es,
Qui fug asso de que'il sabria bo
40 L'aconsegres mais d'autra ren qu'anc fo.
VI. Chansos, vai t'en lai en cel dous paes,
On la reina tan fin pretz a conques
Qu'ab Heys val mais so que alhors es bo,
Per qu'om honra'l sieu ric nom d'Arago.
35 q. platz AD II U; et] ni C 36 Hi fehlt D; on ieu pl. la M, qant
eu pl. (mais P) la Pc 37 E fehlt P; can D H; noy uey C, non uei ADHMCI;
ab los h. (oill D) A D H, dels huelhs CM, elleire U; quieirp. A, qemp. DH, quieu
men p. M, quen mi p. C U 38 Muier M; d. d.] deziran Pc; qestraia P; Aiqal
inuega e qal dolor es U 39 eso H, echo D, daqo Pc; donliPc, de queilli U,
que li C; sauria bo P, s. plus bo U 40 Laconsogres c, La consegre M, La-
conssegues D, Lam conssegres H, Lo consegres P, Lo seghir U, Lo remaner C;
mais d'a. qez anc fo M, de nuilla re canc fo U, sagues loc ni sazo C
VI fehlt APc. 41 Chanson C U, Chanco D; 1. en c. d. pais M, 1. ostal
d. paies U, 1. (lei H) iostel bei (be D) pais D H, vas Heys elh di pales C 42 On
1. r.] Cum ylh a lai C; t. ric p. c. D, t. ric (bon M) p. conquis HM, t. honrat
p. c. C 43 Qar ab 1. v. tot 90 cab lor e bo U 44 P. conra si el ric n. D H,
P. qara es rics lo nom £/, P. qer aissi le bons reis M; darango H
I. Wie der auf seine Flucht bedachte Gefangene, dem man,
wenn er entkommen ist und dann wieder erwischt wird, seine
schreckliche Pein verdoppelt, ebenso beabsichtigte ich mit List
dem Liebesgefängnis zu entgehen, das mich nun wieder so grau-
sam erfafst hat, dafs ich ihm durch gar keine List zu entrinnen
vermag. Niemals war ich sonst in einer so schlimmen Gefangen-
schaft, dafs Verstand oder List mir nicht hätte nützen können.
IL Mit solcher List hiefs mein Verstand mich ihr Land ver-
lassen, damit ich die hübsche Person nicht sähe, als ob man das
vergäfse, was man nicht oft sieht; aber mein Verstand kann keines-
wegs so hartnäckig sein, dafs er mir die, die mich gewonnen hat,
aus dem Herzen entferne, weshalb ich sterben werde, wenn er sich
meiner nicht erbarmt; denn ich trage ihr Bild in meinem Herzen
(„mein Herz ist ein Spiegel ihrer Gestalt"), weswegen die Flucht
mir lediglich Leid verursacht.
III. So vieles bedrückt mein Herz, dafs ich, wenn ich an sie
denke, diejenigen, welche mit mir sprechen, gar nicht verstehe, und
ich lasse sie das an meinem Blicke erkennen, an meinem Aussehen
K olsen, Dichtungen der Trobadors. 4
50 Nr. 8. Aim de Belenoi,
und an meinen Antworten („daran, wie ich ja und nein sage"),
und ich gehe traurig weiter, indem ich mit wahrer, höfischer Lust
erwäge, wie ich sie_ (die Geliebte) zu sehen bekäme; denn nur so
lange bin ich froh, wie ich mit ihr zusammen bin, und doch wage
ich nicht mit ihr zu sprechen, so übles Gerede fürchte ich davon.
IV. Nichts anderes kann ich tun als mich eilig dahin be-
geben, wo ich von ihr sprechen hören kann; ist es doch für einen
treuen Freund ein grofser Trost, wenn er seine Herrin loben und
rühmen hört und mit denjenigen reden kann, denen ihr Wohl-
ergehen Freude macht. Denn kein Mensch ist mir so feind, dafs
ich nicht, falls er zu mir von ihr spricht, seinen Vorteil wollte,
wenigstens in dem Mafse, wie er ihr Gerechtigkeit angedeihen liefse.
V. Aber alles, was der Minne gefallen mufs, und alles, was
wahrem Werte entspricht und was der Lust und Jugend ziemt,
sehe ich stels um so mehr bei ihr, je genauer ich sie im Geiste
betrachte, und weil das, woran ich denke, meinen Augen nicht
sichtbar wird, sterbe ich vor Verlangen; ist es doch ein eigen-
artiges Leid, wenn man das flieht, dessen Besitz („Erlangung")
einem mehr als alles in der Welt gefiele.
VI. Lied, begib dich dorthin in jenes herrliche Land, wo die
Königin so vollkommenen Wert erworben hat, dafs bei ihr das
besser ist, was anderswo nur gut ist, weshalb man ihren vornehmen
Namen Aragon ehrt.
3. Es liegt hier einer der Fälle von „Übergang aus der
relativen Konstruktion in die demonstrative" vor, wie sie Appel,
Inedita, S. XXXII, Anm. bespricht.
4. Preizo im Vergleich s. Stoessel, Bilder, Nr. 121.
9 — 13 zitiert Levy, Sw. 1, 185.
1 1 . Der Dichter will durch den Vergleich ungssatz zeigen,
was nicht der Fall ist, und gebraucht die Konj. quays que ironisch,
wie lat. quasi, quasi vero, proinde quasi, mit dem conj. praes.
Man beachte auch danach die Inversion des Subjektes. — Cnyrim,
Sprichwörter, führt den Satz S. 49 unter Nr. 894 an; seine Nummern
891 — 3 zeigen den nämlichen Sinn.
14. In nierces no'lh en pren ist prendre intr. und bedeutet
„entstehen"; s. Appel, Chr. S, 280b. — en, auf die 1. Person be-
zogen, Sw. 2, 410 b.
15. Nach Stoessel, Nr. 128, bedeutet „der Spiegel von etwas
sein", soviel wie „für etwas Schönes und Gutes empfänglich sein";
er führt für diese Redensart auch dieses Beispiel an und daneben
aus desselben Dichters Gedicht 9 die Stelle VIF, 3 que mos leials
cors 711 es miraills de totz sos bes. Zum Sinne vgl. auch Folquet
v. Marseiile (ed. Stronski) V, 9 ms el cor port, dona, vostra faisso
Que ■ m chastia qitieu no vir ma razo.
Aissi quo'l pres (Gr. 9, 3). 51
17 — 22 führt Wechssler, Minnesang, S. 254 an als eins der
Beispiele für das „Entrücktsein" des Liebenden. •
20 zitiert Raynouard, Lex. 4, 325 b und übersetzt: Avec sem-
blant et avec oui, et en dire non.
23. Der Dichter will wohl sagen, wenn er in einer Gesell-
schaft mit seiner Dame zusammentreffe, wage er es nicht, sich
mit ihr zu unterhalten, da er sie nicht blofsstellen wolle.
30 — 32 dienen Wechssler, S. 334, als Beweis für die „Feindes-
liebe" der Minnesänger um der Herrin willen.
32. U hat siual ohne -s. Nach W. Förster, Wörterbuch,
S. 253 liegt afz. seviaus lat. si vel -f- adv. -s zu Grunde, nach
Meyer-Lübke, Gramm. II, § 624 ist das Wort aus sivelles ent-
standen. — Zur Bedeutung von dire sa razo vgl. afz. faire raison
a a.\ le traiter comrae il le merite (Godefroy).
36. remirar ist hier „im Geiste betrachten"; auch für afz.
remirer findet sich bei Godefroy die Bedeutung „se remettre en
memoire, se Souvenir de". Vgl. übrigens da, wo Wechssler, Minne-
sang, S. 378 f. vom „inneren Auge" handelt, die Beispiele von
remirar del (el, ab lo) cor, di?i<: rnon cor und remirar pensan.
37. Das vey der meisten Hss. ist wohl aus dem vorher-
gehenden Verse in diesen geraten; die Lesart von Pc ist gewifs
auch hier vorzuziehen.
40 bietet einen neuen Beleg für acctisegre, für das Levy im
Sw. 1, 14 „bis auf weiteres" nur die Bedeutung „einholen, er-
reichen" gelten lassen wollte; im Pet. Dict. übersetzt er es mit
„atteindre, attraper". Hier ist es doch wohl „erreichen" im Sinne
von „erlangen (etwas, um das man sich bemüht hat), obtenir".
41. Statt lai iostel (lai ostal = la iostal) bei pais hat gewifs
in einer Vorlage lai Joscal b. p. gestanden; vgl. iusq'a la mar,
Appel, Chr., St. 48, 10. — Auch G. Faidit spricht von dem dous
pdis, On ilh estai e renha (MW. II, 87).
42. Nicht die in Nr. 7, v. 7 von Gausbert de Poicibot ge-
nannte Eleonore (s. d. Anm.) kommt hier in Betracht, wie Bergert,
S. 26 dachte, sondern, wie auch Jeanroy, A. d. M. 27, 152 meint,
Jolante von Aragon (1235 — 51).
43. so que alhors es bo oder (vgl. U) tot so qu'alhors es bo.
52 Nr. 9. Aim. de Belenoi,
9.
Aimeric de Belenoi,
Per Crist (Gr. 9, 15).
A 120 (342, Arch. 33,460, MG. 898), D 54, # 2 (5), i? 53
(MG. 897). — Nicht benutzt C E 1 K. — Text und Orthographie
nach R.
R unterscheidet sich wiederholentlich vorteilhaft von ADH.
In v. 40 bietet es allein das Reimwort sofrir dar gegenüber dem
bereits v. 30 dagewesenen grazir der übrigen Hss., in v. 8 hat es
den rechten Reim jura, während A H und ursprünglich D uira
schreiben, in v. 4 und 5 ist seine Lesart vorzuziehen, zumal da in
v. 6 noch al cor folgt, in v. 14 und 15 trifft es wohl mit en cubert
tenh und perpendray allein das Richtige, und v. 44 — 45 entsprechen
in R eher der resignierten Erklärung des Dichters in den vv. 37
bis 39. Auch was es an eigenen Lesarten in v. 7, 2^, 28, 30, ^^
und 43 aufweist, ist annehmbar. — D und H haben noch in v. 17,
A und H \n v. 18 — s. dreitura v. ^ — gemeinsame Fehler.
Das Gedicht, das der Dichter selbst in v. 47 als chanso bezeichnet,
besteht aus 5 neunzeiligen coblas unissonans und einem dreizeiligen
Geleit. Sein Schema 7a 7a 7b 7b 7Cw8d 8d ye^ye^ ist
bei Maus unter Nr. 174,1 verzeichnet. In der Mitte der Strophen
findet sich das Refrainwort coratge. Zweimal kommen im Reime
vor: gran v. 15 und v. 43, dort in der Bedeutung „grofs, be-
deutend, wichtig", hier im Sinne von „grofs, stark, innig", mezura
v. 18 als Subst. und v. 44 als Verb, sowie atura als Ind. in v. 26
und als Imper. im Geleit, v. 47.
I. Per Crist, s'ieu crezes Amor,
Tornat m'agr'en la folor,
En que#m solia tenir.
Que pels huelhs m'intret ferir
5 D'un dart, que m'hubrrl coratge,
AI cor d'un amoros semblan
Que*m pres d'un gay cors benestan;
Mas ja mais, s'ap me no's jura,
No'y poira intrar segura.
I. 2 magreu la D, magran la H 3 E qem H, En que D; tener A
4 Q'nz (Qu's D) el cor manet f. ADH 5 Qan li obri mon c. ADH 7 Que
p. R, Qem venc ADH 8 nois A ; uira A (Studj, Arch.) H u. urspr. D
9 pora D H, poirai A
Per Crist (Gr. 9, 15). 53
II. 10 Mas pero tan gran dossor
Ay al cor d'una honor,
Que " m fes silh — cals, non l'aus dir — ,
Can me vi de si partir,
Qu'en cubert tenh mon coratge:
15 Perpendray tal joy o pus gran?
Que can trais la man de son gan,
Frais del cor la serradura
E-y mes per garda mezura.
III. Mais pueis, can yeu vinc d'alhor,
20 Mezura no'i ac valor;
C'ap plazers la'n fey issir
Silh, que'm pot, si*s vol, aussir,
E*s mes ins en mon coratge
Tan fermamen rizen jogan
25 C'alre no'l quier ni no'l deman,
Qu'en Heys remiran s'atura
Mos cors, que d'als non ha cura.
IV. Regardan la vey gensor
E pessan la truep melhor
30 Car a mans se fay grazir
Per vezer e per auzir.
E si • 1 met Dieus en coratge —
Sivals per merce fassa tan ! —
Que*l plassa car l'am ses enjan,
35 Merces aura sa drechura
Et ilh amic ses falsura.
II. 12 s. cal R, cill cals AH, al cals D; non aus A 14 Quen-
trubert AD, Qen trobet H; tenc A, teno D H 15 Per prendre D H,
Per prende A; t. fehlt R; o] ni H; gnan D 17 Trais Rayn., Lex. 5, 156b;
lastradura D H 18 gardar //, gordar D; dreitura AH
III. 19 uenc H, uienc R 21 plazer lam fey R 22 Sil D,
Si R; uol si p. R ; auzir H 23 E mes si e m. AD H 26 re-
mirar A D
IV. 28 Remiran ADH 30 Car amans R; Camar si fai e g. ADH
32 seil D H 33 Que sol p. ADH; mercem f. aitan A, merce faisia
atan D 34 c] qieu A
54 Nr. 9. Aim. de Belenoi,
V. S'ieu no soi a sa ricor
Pron rics per fin amador,
Mi pot sivals retenir;
40 Qu'ieu say selar e sofrir
Francamen, de bon coratge,
So que tanh a lial am an,
E port a lieis amor tan gran !
S'a rictat engal mezura, —
45 E rietatz no'm fay fraitura.
VI. A la pro reyna prezan
T'en vay, chansos, e t'atura;
C'ap lieis tota res melhura.
V. 38 Pros H; ric R 39 po siluals D 40 e] o H; grazir ADH
43 a.] honor ADH 44 Car sa R\ Sab (Sap D) sa ricor la m. ADH
45 Ricors li iara fr. ADH
VI. 46 pros R 47 chanso R 48 totas res D, totas H
I. Wenn ich der Minne Glauben schenkte, so würde sie mich
fürwahr zu der Torheit zurückführen, in der sie mich festzuhalten
pflegte. Denn mit einem Geschofs, das mir mein Inneres öffnete,
drang sie bei mir durch die Augen ein, um mich ins Herz zu
treffen, (und zwar) mit dem (Geschofs) des verliebten Blickes einer
trefflichen, munteren Person, der mich traf. Wenn sie (die Minne)
aber nicht ihr Bündnis mit mir durch den Eid erhärtet, wird sie
nimmermehr imstande sein, bei mir da (in mein Herz) sicher ein-
zuziehen.
II. Indessen empfinde ich in meinem Innern eine so grofse
Wonne wegen einer Ehre, die jene — welche, das wage ich nicht
zu sagen — mir beim Abschied erwies, mir, der ich gerade bei
mir denke („der ich meinen Gedanken geheim halte"): Werde ich
(von ihr) eine so grofse oder noch gröfsere Freude mitwegnehmen?
Denn als sie den Handschuh von ihrer Hand zog, zerbrach sie
das Schlofs meines Herzens und stellte Mäfsigung als Wächter
darin auf.
III. Als ich aber nach längerer Abwesenheit wieder zu ihr
kam („später anderswoher kam"), hatte Mafshalten darin (in meinem
Herzen) keinen Wert mehr; denn mit Freundlichkeiten vertrieb sie
es daraus, sie, die, wenn sie will, mich töten kann, und lachend
und scherzend setzte sie sich in meinem Herzen so fest, dafs ich
nichts anderes von ihr erbitte und verlange; denn mein Herz, das
sich um anderes nicht kümmert, beharrt dabei, sie aufmerksam zu
betrachten.
Per Crist (Gr. 9, 15). 55
IV. Wenn ich sie ansehe, kommt sie mir immer hübschen
vor, und ich finde sie immer besser, wenn ich bedenke, dafs sie
jetzt viele veranlafst, ihr dadurch, dafs sie sie besuchen und an-
hören, ihr Wohlwollen zu bezeugen. Und wenn Gott ihr eingibt,
dafs sie — möchte sie es wenigstens aus Gnade tun! — meine
aufrichtige Liebe dulde, so wird Gnade ihr Recht bekommen und
sie einen Freund ohne Falsch.
V. Wenn ich bei ihrem hohen Rang für einen vollkommenen
Liebhaber nicht fein genug bin, könnte sie mich doch wenigstens
freundlich bei sich aufnehmen; denn ich kann, wie es sich für
einen treuen Liebenden geziemt, verschwiegen sein und ohne
weiteres mit gutem Mute dulden, und ich empfinde doch eine so
innige Liebe für sie! Wenn sie mit gerechter Vornehmheit mifst,
(wird sie erkennen,) an Vornehmheit mangelt es mir nicht.
VI. Lied, gehe hin zu der wackeren, geschätzten Königin
und verweile da; denn bei ihr wird alles besser.
2. Tornat magra. Für den Gebrauch des tempus perfectae
statt imperfectae actionis findet sich ein Beispiel auch bei B. de
Ventadorn (ed. Appel), Nr. 31, 38, worauf der Herausgeber in
einer Anm. besonders hinweist.
8. se jurar „ein (beschworenes) Bündnis1 schliefsen, sich ver-
bünden"; Sw. 4, 283,9, wo Levy die 1. Str. zitiert.
10. dossor, doussor ist hier „Freude, Wonne" ; im Pet. Dict.
setzt Levy neben die Bedeutung „joie" ein Fragezeichen.
14 zitiert Raynouard, Lex. 2, 104, 1, 10 nach A und über-
setzt: vu qu'il tint mon coeur entr'ouvert, 16 — 17 zitiert er 5, 156 b,
schreibt in v. 17 Trat's statt Frais und übersetzt: Quand eile tire
la main de son gant, eile tire du coeur la serrure.
16. Vgl. dazu G. v. Bornelh, Ausg. Nr. a, v. 60 E-m det ses
gans Sas mas, per que ?nelhs nienriquis und Nr. 46, v. 70 Quem
det sas mas ses gans, Don s'onret mos manteus E mos aneus.
25 — 27 zitiert Levy, Sw. 1, 100,5 nach A.
26. r emirar „im Geiste betrachten"; s. Nr. 8, v. 36 und
die Anm. dazu.
H- sol in ADII=sivals „wenigstens"; s. Zeitschr. 38, 298
zu v. 13.
34. car oder dar.
42. lial aman verhält sich zu fin amador (v. 38) wie entendedor
zu drut\ Aimeric will sich gern mit der Rolle des entendedor be-
gnügen.
46. Auch hier ist, wie in Nr. 8, v. 42, Jolante von Aragon
gemeint.
56 Nr. 10. Aim. de Belenoi,
10.
Aimeric de Belenoi,
Nuls hom en ren non faill (Gr. 392,26 = 9, 13a).
A 164 (472), B (MG. 76, Var. zu A Studj 3, S. 710), Dc 252
(106), /7 (34), W 10 (Arch. 101,384), P29 (Arch. 49,305),
Q 80 (S. 155), Qi 79, Str. V (S. 154), 5 147 (MG. 896), «i 329
(74). Nicht benutzt: CD El K R Tf.
Attribution: C PS A. de Belenoi, R Peirol, Q anonym, aber
nach Gedichten Peirols, D c anonym, aber zwischen Gedichten des
R. de Vaqueiras, alle übrigen Hss. R. de Vaqueiras.
Text nach PS(De), Orthographie nach S.
Strophenfolge: iz^^^b'jPS
123546 jm
12354 ABa^
123 5 D<Q
Von den in Betracht kommenden Hss. sind P und 6" die
vollständigsten. Sie haben auch allein die angemessenere Strophen-
folge und gehören zu den Hss. mit der besseren Attribution.1
Ferner enthalten nur PS in v. 25 das richtige Reimwort conhdia;
alle übrigen haben paria, das da weniger hinpafst und überdies in
v. 43 wiederkehrt. Von der 2. Str. an haben sie freilich statt des
erforderlichen e- Reims -at mit Q gemeinsam die falsche Endung
-az. Zu PS gesellt sich noch in v. 24 Dc, das wie jene das an-
nehmbarere fennia gegenüber folia aller anderen Hss. aufweist.
Der Gruppe DCPS steht weiter in v. 7, 12, 14, 15, 18 und 20
die Gruppe A B J ' N1 Q a1 gegenüber und der ersteren ohne Dc
die letztere ohne Q in v. 29, 31, 33 und 35. A B Nl sondern
sich noch in v. 35 und 39 ab, J N2 ax gehen in v. 5 und 28 zu-
sammen, J N1 in v. 6, 46 — 48, und Dc und Q entbehren beide
der Str. 4.
Das Gedicht, eine Kanzone, hat 5 neunzeilige coblas unis-
sonans und 2 vierzeilige tornadas. Sein Schema, bei Maus
Nr. 670, 2, ist öabbcc lodud^ee. Das Reimwort sia findet
sich v. 15 und 42, sowie im Geleit v. 47, porria, v. 6 wird in
beiden Geleiten wiederholt und apoderat, v. 9 und voluntat, v. 26
im 2. Geleit.
1 Dem, was O. Schultz-Gora, die Briefe des R. de Vaqueiras, S. 17 an-
führt, um darzutun, dafs A. de Belenoi der Verfasser dieses Ge-
dichtes sei, läfst sich hinzufügen, dafs der auch in 9, 7 bei Aimeric be-
gegnende n'Aytno in der Hs. P ebenso wie hier, v. 50 (s. d. Anra. dazu) Segner
n'Imo genannt wird, dafs die hier im 1. Geleit gefeierte Beatrix (von Savoyen)
bei Aimeric auch in 9, 21 IV (ed. Appel, BVent., S. 297, v. 27) als pros com-
tessa fina de Proensa vorkommt, und dafs sie, wie Bertoni gezeigt hat (sieh
Bergert, Damen S. 46), einen Bruder namens Aimon besafs.
Nuls hom en ren non faill (Gr. 392,26 = 9, 13 a). 57
I- Nuls hom en ren non faill
Tan tost ni mesave
Com en loc, un se te
Per plus aseguraz;
5 Per que'm par grans foudaz,
Qi non tem cho c'avenir li porria.
Q'eu cujava, qant Amors no*m tenia,
Qe no*m pogues forsar estra mon grat;
Mas era m'a del tot apoderat.
II. 10 Tant es d'amoros taill
La bella, qe*m rete,
Qe nuls hom no la ve
Non si'en amoratz,
Et s'eu en soi forsatz,
15 Ja non cujez granz meraveilla sia;
Qe sa beutaz, lai on ilh se deslia,
Venz enaissi trastot'autra beutat
Com lo soleills passa tota clartat.
III- De robin ab cristaill
20 Senbla qe Deus la fe
Et del seu douz ale
L'aspiret, cho sapchaz!
Ab digz enamoraz
I. I e. r.] tarn leu Q 2 T. t.] En re Q, T. leu A J N2 a1 und Q (v. 1);
nil AB StM.ADcJ 5 fehlt De ; que fai J N2 a\ qn^tsAB;
gran N2 P Q S 6 nom Ba1; ten Q; len p. J, li en p. a1 7 Qe c. Q;
quar A B J N2 Q a\; amor AB PQSax; nö Q, non ABDcax; tenria a1,
temia A B J N* Q 8 Com Jd\\ f. outra DeJN*Qa\, f. autra AB
9 mal d. Q
II. 10 damor t. JV2 12 Com (Con Q) non (nom a1) lau ni laue ABJ
N2 Q al 13 enamorat Z>«, en enamoratz a1 14 E doncs sieu sui f. A B J
N* al, Edöc seu förfac fui Q, Dons sieu enfui f. Z)c 15 La n. c. g. Dc, Nous
(Non BQa1, Nui jV2) c. ges gr. (gran N* Q) AB J N* Qal; merueilla P
16 Quar J\ ilh se fehlt J 17 e. tota a. b. A D<>, totas autras beltac P Q S
18 C. 1. soleis TV2, Col soleilh % Con lo soleill Q; p.] uenz ABJN^Qa^^
totas clartatz PS, totas autas clarta9 Q, tot autra c. (clardat a1) A B N* al,
trastot autra c. J
III. 19 robins B J N2 al ; & De, an@; cristal Q, crestailh J N* 20 Mi
par q. AB J N% Q ax 21 E det sen dolz De, Del s. dousset J 22 La-
spirez PS, Lespiret A B N2 al, Lenspiret De, Lespit Q; so pchatz N2, lo s. A
23 Cab ABDeN2al
58 Nr. 10. Aim. de Belenoi,
Plens de dousor, ab orguill ses feunia
2 5 J°§"» a! e ri ab tan plazent conhdia
C'als amadors creis d'amor voluntat
Et fai amar cels qe non an amat. ,
IV. Trop sofri greu trabaill,
Ca loniar m'en ave;
30 Mas aicho ' m fai gran be
Qe, qant ne soi loniaz,
M'estai sa granz beutaz
Tals com la vi en mon cor noich e dia,
E'l gens parlars e l'avinenz paria,
35 On eu dompnei mantas vez a celat
Com se cuja q'eu aia d'als pensat.
V. Et car eu tan non vaill
Com al seu prez cove,
Am leis et ai'r me,
40 Qar m'en soi azautaz;
Com non es tan prezaz
Qe sa valors al seu ric prez pars sia.
Pero s'Amors entrels amanz li tria
Lo plus leial ni ' 1 meillz enamorat,
45 No'm cal temer son prez ni sa rictat.
24 Plem Q; s.] fes S; folia A B J N2 Q a> 25 Paria e ri A B J N2 a1,
Joga e rii PS, El sens pailar Q; ab t. doussa paria A B De J N2 a1, atä do^e
aparia Q 26 Qe als Q; amans J, amors PS, mäs Q; creich P, creihe S,
fai AB; damar AB J ' N2 al; uolüta9 PQS 27 non an amaf P Q S, 110
uan a. al
IV fehlt De Q. 28 Tant A B, Mout a\ Molt J, Mont N2 29 Cab A iV2,
Can PS; 1. m'en a.] pauc no men recre AB J N2 a1 31 Cum (Con J N2 al)
plus en (men J) s. (su iV2) AB yN2al; lonijatz al 32 gran sa P 33 Lai
on la ABJN2a>; e m. A B N2 aS 34 Ell S, En P; gen ABJa^;
parlarya1; auinen J a>> auinez P 35 Ab quieu A B JN%a>; mantaz P\
a celaz PS, en priuat A B N2 36 q'eu fehlt AB; pensaz PS, em-
pensat A B
V auch in Q\ 37 eu nö v. t. Q Ql 38 Cant Q Q1 39 Am la A
B N2, fehlt Q Ql ; aysir me Q Q1, dis me be A B N" 40 achantaz S, en
uitaz<?@i 4lCorsA™; preiaz PS 42 Qel P; ualor^1; pzr J P Q
Ql Sa1 43 P. samor Q Q\ P. camors N2, Mas se (ses P) a. PS; dentrels -ff;
lim a\ la A N2, en Q Ql 44 nils De, ni A, el Q Q\ fehlt P; enamora9 P Q
Ql S 45 Nö Q Q\ Non AJPS, Noil B ; quäl J; rietaz P S, richac Q Ql
Nuls hom en ren non faill (Gr. 392, 26 = 9, 13a). 59
VI. De la contessa Biatrix non poria
Tan de be dir qe mais en lei non sia;
Q'en leis a Deus tan de ben ajostat
Com per part n'a a las autras donat.
VII. 50 Senger n'Imo, s' Amors no'm retenia,
De vos veder mais tenir no*m porria;
Mas Amor? m'a tant fort apoderat
Qe non posc far mas a sa voluntat.
VI fehlt A B De Q a\ 46 Pros c. JN*; Beatrix P, Beatris yiVa; n.
sabriaiV2 47 Dir t. d. b. iV2; qe m. en uos N2, quez en uos m. J 48 Qen
uos ha d. t. d. b. N*. E d. ha tans de bes en uos J; aiostaz PS 49 Qua I.
a. cais p. p. la J\ donaz P S, liurat J
VII nur in PS. 50 Sengers P; non r. P 52 amorPS; apoderaz PS
53 uoluntaz S, uoluntanz P
I. Niemand scheitert in etwas so schnell und erfährt so bald
Mifsgeschick wie da, wo er sich am sichersten wähnt; deshalb
scheint es mir sehr töricht, wenn einer, was ihm zustofsen könnte,
nicht fürchtet. Dachte ich doch, als die Minne mich (noch) nicht
festhielt, sie könnte mich gegen meinen Willen nicht zwingen;
aber jetzt hat sie mich ganz überwältigt.
II. Von so liebenswürdiger Art ist die Schöne, die mich als
Liebhaber annimmt, dafs kein Mann sie sieht, ohne sich in sie zu
verlieben, und wenn ich von ihr bezwungen bin, so ist das durch-
aus kein grofses Wunder; denn wenn sie sich entkleidet, besiegt
sie jede andere Schönheit, wie die Sonne jedes Licht überstrahlt.
III. Es hat wahrlich ganz den Anschein, als habe Gott sie
aus krystallhellem Rubin geschaffen und mit seinem süfsen Hauche
belebt! Mit liebevollen, reizenden Worten und mit arglosem Stolze
scherzt sie, ach! und lacht mit so gefälliger Anmut, dafs sie in den
Liebhabern die Liebessehnsucht steigert und die Liebe in denen
erweckt, die (noch) nicht geliebt haben.
IV. Sehr grofse Qual erdulde ich, da ich mich von ihr ent-
fernen mufs; das aber tut mir sehr wohl, dafs mir, wenn ich fern
bin, ihre grofse Schönheit so, wie ich sie sah, das hübsche Reden
und die artige Gesellschaft Tag und Nacht im Herzen bleibt, wes-
halb ich (auch in der Ferne) oftmals heimlich 1 vernarrt bin, so
dafs man annimmt, ich hätte an anderes gedacht.
V. Und da ich nicht soviel wert bin wie ihrer Trefflichkeit
zukommt, so liebe ich sie zwar, ärgere mich aber, dafs ich an ihr
1 Derart, dafs andere den wahren Grund seines Verhaltens nicht merken.
6o Nr. 10. Aim. de Belenoi, Nuls hom (Gr. 392,26 = 9, 13a).
Gefallen gefunden habe; ist doch kein Mann so geachtet, dafs
seine Tüchtigkeit ihrem hohen Werte gleichkäme. Wenn jedoch
die Minne ihr unter den Liebhabern den Treuesten und Ver-
liebtesten auswählt, dann brauche ich ihren Wert und ihre Vor-
nehmheit nicht zu fürchten.
VI. Von der Gräfin Beatrix könnte ich nicht genug Löb-
liches sagen; denn Gott hat in ihr soviel Gutes vereinigt, wie er
den anderen Frauen nur teilweise gewährt hat.
VII. Herr Imo, hielte mich die Minne nicht zurück, so
könnte ich mich nimmermehr enthalten, euch zu besuchen; aber
die Minne hat mich so sehr überwältigt, dafs ich nur nach ihrem
Willen handeln kann.
1 — 4 zitiert Raynouard, Lex. 5, 489, 17 irrtümlich unter dem
Namen des Aimeric de Pegulha.
13. In seinem Zitat der 2. Str. (Sw. 2,63,5) schreibt Levy
enamoratz. Da dieses Wort jedoch in der folgenden Strophe im
Reime erscheint, so ziehe ich, auch durch das en von a* darin
bestärkt, en amoratz vor, so dafs alsdann die von Levy, Sw. 1, 60 a
angezweifelte Deutung „rendre amoureux", die Raynouard für
amorar gibt, für diese Stelle in Betracht käme.
16. se desliar = se desvestir und se despolhar; vgl. die Bei-
spiele, die Wechssler, Minnesang, S. 165 gibt, wo er von dem
Wunsche des Hofdichters spricht, wie ein Vasall „als Leibpage"
seiner Herrin beim Aus- und Ankleiden behilflich sein zu dürfen.
19. Stoessel, Bilder, S. 17 Nr. 64, 65 meint, durch diesen
Vergleich solle zum Ausdruck kommen, dafs die Dame glänzende
und sehr wertvolle Eigenschaften besitze. Mir will scheinen, der
Dichter habe das Bild nur auf das Äufsere seiner Herrin beziehen
und sagen wollen, dafs seine Geliebte „wie Milch und Blut", also
gesund aussehe. Dasselbe beabsichtigte wohl auch R. de Vaqueiras
auszudrücken durch den von Stoessel angeführten Satz vei dinz son
miraill color de robin (Gr. 392, 23, 5).
24. orgoill im guten Sinne „hohes Standesbewufstsein"; vgl.
Wechssler, S. 392 und 416.
25. Joga! e ri. Wegen des starken Hiatus bei elidier-
barem auslautenden Vokal in Joga e ri habe ich es für besser
befunden Jog'al e ri zu schreiben, zumal die Interjektion hier
wegen der grofsen Begeisterung des Dichters nicht unangebracht
zu sein scheint.
35. en dompnei a celat; vgl. dazu P. Rogier: On qu'ilh estey,
Sos drutz suy et ab /eis domnei Totz cubertz e celatz e quetz (Rayn.,
Lex. 3, 69, 17). Von do?nneiar gibt Raynouard, Lex. 3, 69, 17 ein
Beispiel für die Bedeutung „s'ebattre", die sich auch in Levys
Pet. Dict. findet.
40. Qar nien soi azautaz. Hs. 6" bietet hier mit achantaz
einen Beleg für das Don. 42, 33 verzeichnete acantar „in latus
Nr.n. Guillem Rainol d'Apt, Quant aug chantar (Gr. 231,4). 61
declinare" und Hs. Q für refl. envidar =s= afz. soi envier „se Iaisser
en gager". *
45. Was die rtctat des Aimeric und diejenige, seiner Dame
betrifft, vergleiche man Nr. 9, Str. V.
46. Über Beatrix (von Savoyen) s. o. S. 56, Anm.
49. per part = nfz. en partie (par parties), Iat. in parte
„teilweise".
50. Das in Gr. 9, 7 von Aimeric an Imo gerichtete Geleit
lautet nach P (Arch. 49,306) und A (339):
Segner n'Imo (n'Aimo A), can pes
Vos cals (c. v. A) etz ni q'i es
Lo segles (sengles P), eu non (no-i Ä) vei
Nuill qe tan be (gen A) l'esplei.
11.
Guillem Rainol d'Apt,
Quant aug chantar (Gr. 231,4).
D 170, #44 (146; Arch. 34, 402), I 143 (MG. 955). — Nicht
benutzt K. — Orthographie nach I.
DHI haben gemeinsame Fehler in v. 3 (?), II, 27, 29 und
33 (?); Z>/7 sind besser in 6, 19, 25, 29, HI in 2, 30, H allein
in 12, 15, 26, D in 21, 7 in 3. Der diplomatische Abdruck von
H im Archiv enthält drei Fragezeichen und weicht von dem in
den Studj mehrfach ab; aber auch in D und I ist die Überlieferung
eine sehr unvollkommene, so dafs sich die Einführung einiger Kon-
jekturen in den Text (s. v. 3, 11, 27 und ^^) nicht umgehen liefs.
Das Gedicht ist eine fingierte Tenzone, ein Zwiegespräch
ohne aufgestellte Streitfrage (vgl. Diez, Poesie2, S. 99), oder aber,
wie Seibach, Streitgedicht,. S. 37, Nr. 74 will, eine Kanzone in
Gesprächsform, als welche es sich schon in der erzählenden
Einleitung zu erkennen gebe. Der Dichter zeigt darin in humori-
stischer Weise, wie seine Dame ihn „zahm machen" will (I). Sie
sei ihm auch gewogen (II), wolle ihn aber von seinem Leichtsinn
heilen (III). Um ihn immer mehr an sich zu fesseln, mache sie
ihn eifersüchtig durch Erwähnung anderer Verehrer, die der Dichter
verhöhnt, wobei er wieder seine eigene Liebe zu der Dame zum
Ausdruck bringt (IV — VI).
02 Nr. ii. Guillem Rainol d'Apt,
Die Dichtung besteht aus 6 sechszeiligen coblas doblas mit
durchgehendem b-Reirhe. Das Schema ioaabaab steht bei
Maus unter Nr. 87,4; vgl. dazu Appel, P. Rogier, S. 91. Zweimal
begegnen als Reimwörter lanier in v. 6 und 36 und cavallier in
v. 24 und 33.
I. Quant aug chantar lo gal sus en l'erbos
E*l pic e-l jai e*l merl'e'l coaros
E*l rossignol e l'agui/os perier,
Farai un vers ses prec e ses somos.
5 Ma domn'es tan bell'e cortes'e pros
Que-m fai loirar plus que falco lanier.
IL Seingner, tan m'es mals e contrarius,
Cent ves ai cor que mi parta de vos,
Mais anc no vi home tan piasentier!
lo Mas d'una ren est ben aventuros:
Qant sent venir estertes orgoillos,
Ades m'escont en granj'o en sollier.
III. Domna, tostemps vos ai mon cor cellat;
Per que n'avez de mi lauzor e grat?
15 C'anc non amest cusson ni fatonier,
Anz lo fugist! Com eu tornei rengat?
Qu'anc no'i foi pois, pos m'o agues vedat;
Mais am flauzons e sopas en sabrier.
IV. Seingner, tcstemps vos aurai prezicat
20 Que vendesem so major porc faissat
E vestissem Miquel, so berbeguier,
Fezessem li blizaut fendut trepat.
Tant a gen cors e bella majestat,
Cent uez er pres a lei de cavallier.
I. I auich H; s. e / 2 el ia . . H ; merlet c. D 3 la guisos /,
la guises D H 4 v. ces D H 6 falcos /; lainier H
II. 10 es D 11 esterlis H, esterlins DI 12 gral D; sellier D,
seillier /
III. 13 tot tems H 15 Quant /; fantonier /, faronier D 16 ten-
gat // [Arch.) 17 foi (?) H (Studj), ai. (?) H (Arch.); aguest D H
IV. 19 tot tems H\ presistat / 20 Queu endesem DHI; prec (?)
faissar H {Arch ) 21 En estissem H {Arch.), E uestissent /; M.] miquel e D,
mi e H I 22 Feressem li blizaur sen dut H (Arch.) 23 T. agon c. D
Quant aug chantar (Gr. 331, 4). 63
V. 25 Domna, Miquels volria fos pendutz;
Que tant l'amas qu'en son per fols tengutz,
Lo> bacalar trachcr mesoneguier:
Que ar vos jur encontra sas vertutz
Que ja Miquels ni sos avers lanutz
30 Non estara ab vos un an entier.
VI. Seingner, cals es aicel coma tondutz,
Uns grans, uns loncs, ab esperos agutz,
En/openatz a lei de cavallier?
Tant me mandet amistatz e salutz
35 E*m grazis mais que si fos bous cornutz
C'ar dei un pol a son tersol lanier.
V. 25 miqelz H; v. uos p. / 26 quien /, quin D; fol / 27 So
DHI; bacallor /; tracher D HI; meseneguier H (Arch.) 28 v. uir //
(Arch.); encontras / 29 j. mi qals II (Arch.); auer DHI; lameiz /
30 nos D u. H (Arch.)
VI. 31 acel /; c. tondilz D, com a rodutz (?) H (Arch.) 33 En-
copenatz /, Encopennalz H, En copenaz D 35 bos / 36 die D, di I-
terzol H, tresol /; lainier H
I. Weil ich auf der Wiese den Hahn krähen und weil ich
den Specht und den Häher, die Amsel und den Rotschwanz, die
Nachtigall und die mit Sporen versehene Ammer (?) musizieren
höre, werde ich ohne Bitten und Aufforderungen ein Lied dichten.
Meine Herrin ist so schön, gesittet und wacker, dafs sie mich
zahmer macht („mehr abrichtet") als einen Würgfalken.
IL Herr, ihr seid mir so übelgesinnt und feindselig, dafs
ich oftmals Lust habe, mich von euch zu trennen. Und doch sah
ich nie einen so anmutigen Mann! Aber ihr seid auch in einer
Hinsicht sehr glücklich: Wenn ich sonst merke, dafs übermütige
Junggesellen kommen, verberge ich mich sofort in der Scheune
oder im Söller.
III. Herrin, immer habe ich euch meine Gesinnung ver-
heimlicht; weshalb zollt ihr mir also Lob und Dank? Denn nie
liebtet ihr einen Halunken oder Narren (?); vielmehr gingt ihr ihm
aus dem Wege! Wie wurde ich wieder ordentlich? Da ich mich
nie mehr umhertreibe, seit ihr es mir verboten hattet; lieber esse
ich (bei euch?) Käsekuchen und Brotschnitten in Brühe.
IV. Herr, ich habe euch immer gepredigt, dafs- wir sein
(Michels) gestreiftes Schwein verkaufen und1 dessen Hirt, den
1 Mit dem für das Schwein eihallenen Gelde.
64 Nr. II. Guillem Rainol d'Apt,
Michel, einkleiden, dafs wir ihm einen samtenen Faltenrock (?)
machen sollten. Einen so hübschen Körper und eine so schöne,
hoheitsvolle Gestalt hat er, dafs er dann häufig für einen Ritter
gehalten werden wird.
V. Herrin, ich wünschte, Michel würde aufgehängt; liebt ihr
ihn doch so, dafs ich deshalb beinahe noch wahnsinnig werde
(„für närrisch gehalten werde"), ihn, der doch ein verräterischer,
verlogener Jüngling ist; denn in Anbetracht seiner Eigenschaften
schwöre ich euch jetzt, dafs Michel samt seinem wollhaarigen Be-
sitz1 gewifs kein ganzes Jahr bei euch bleiben wird.
VI. Herr, was ist das für einer, einer mit geschorenem
Kopfe, ein grofser, langer, mit spitzen Sporen, eingemummt (?) wie
ein Ritter? Er sandte mir so viele Liebesbeweise und Grüfse und
liebt mich mehr, als wenn er ein Stier wäre, so dafs ich jetzt
seinem Jagdfalken ein Hühnchen schulde.
1. Quant „weil", Appel, Chrest. S. 221b zu St. 15,3. —
v. 1 zitiert Raynouard, Lex. 3, 529,4, v. 1 und 2 bis merle Lex.
3, 415 und 4, 213.
2. Auch in Gr. 461, 205 I (Arch. 34, 378 b) wird der Häher
mit dem Specht und der Amsel zusammen genannt; vgl. dazu
Hensel, Die Vögel in der prov. Lyrik, Rom. Forsch. 26,620.
3. Vaguilos perier. Hensel führt S. 619 v. 1 — 4 an, weifs
aber mit dem handschriftlichen la guisos perier nichts anzufangen.
Im Nfrz. ist perier „Gerstenammer", und da es sogar eine „pro-
venzalische Ammer" (Emberiza provincialis) gibt (s. Sachs-Villatte,
Wbch. unter „Ammer"), so glaubte ich hier das noch unbelegte
perier auch als „Ammer" deuten zu können. Das davor befind-
liche la guisos der Hs. 1 habe ich in Vaguilos geändert; das 1 ist
ja dem f in den Hss. sehr ähnlich, und auch im v. 27 wird
gewifs lo statt des handschr. so zu lesen sein. Das mit dem ab
esperos agutz in v. 32 ziemlich gleichbedeutende Adj. aguilos ist ein
passendes Attribut zu perier „Ammer"; heifst es doch in Brehms
Tierleben, Kl. Ausg. 2, 143, dafs „unter den Fufsnägeln der Ammer
der oft spornartig verlängerte der hinteren Zehe besonders
hervortritt".
5 — 6 zitiert Raynouard, Lex. 4, 93, 2 nach /. — fai loirar =
loira; s. Tobler, Verm. Beitr. I2, S. 20. — Über die Herkunft und
Bedeutung von lanier vgl. Stimming, B.Born3, Anm. zu II, 17
und über den falco lanier, den „Würgfalken", der sich schwer zur
Vogelbeize abrichten lasse, ebenda zu 31, 8.
1 1 . esterles ist ohne Zweifel statt esterli(n)s in den Text zu
setzen. Im Pet. Dict. steht es nur als Adj.; aber das von Levy,
Sw. 3, 320b angeführte neuprov. esterle hat bei Mistral neben der
1 Seiner Herde.
Quant aug chantar (Gr. 231, 4). 65
adj. auch die subst. Bedeutung „celibataire, jeune homme a
marier".
13. Die 3. Str. habe ich kürzlich im Archiv 34, 430, 1 für die
Erklärung der 2. Str. des Streitgedichtes G. Rainols und Magrets
herangezogen. *
14. de mi eigentlich „was mich betrifft".
15 zitiert Raynouard 3, 284, 7 und übersetzt: Vous n'aimätes
goujat ni faquin; Levy, Sw. 3, 419 führt v. 14 u. 15 nach //an, setzt
hinter 14 ein Komma und gibt frageweise fatonier durch „Tor" wieder.
16. tornar m. Obl. „wieder werden", Appel, Chrest., Glossar.
— rengat = nfz. ränge „ordentlich, solide".
17. foi; vgl. fozir „umherirren?" Appel, Chr. 257 b und/a^/r
Sw. 3, 612, 1 und 4.
18 zitiert und deutet Levy, Sw. 3,504. — Vom Essen spricht
der Dichter gern; vgl. Gr. 231, 1 v. 8, wo er in Bezug auf die
Geliebte sagt: Enanz Vam mais que peis en romanin.
19. Wahrscheinlich wird die Dame durch die Bemerkung des
Dichters, er liebe sie hauptsächlich der trefflichen Bewirtung wegen,
veranlafst, ihn mit dem stattlichen Schweinehirten aufzuziehen. — Das
Fut. ex. steht für das Perf. praes.; vgl. Schultz-Gora, Prov. E.-B. § 186.
19 — 21 zitiert Soltau, Zeitschrift 24,43 zu 39 als Beleg für
das auch bei Blacatz V, 39 vorkommende berbiguier und Levy,
Sw. 3, 390 unter faisar.
22. blizaut fendut „Faltenrock"? Alwin Schultz, Höf. Leben,
1, 302 meint, der Bliaud sei wohl dem Rocke ziemlich ähnlich,
und bemerkt 1, 298: „Die Falten des Rockes (der Männer) wurden
dadurch erzielt, dafs man dem unteren Teil desselben, vom Gürtel
abwärts Keilstücke einsetzte und ihn so erweiterte". — trepai]
Levy, der im Sw. 5, 14, 1 v. 19 und 22 — 24 zitiert, fragt, was
trepat bedeute; vielleicht ist es mit dem afz. triperie, tripier und
dem nfz. tripes „Trippsamt" verwandt.
26. son per fols tengutz. Über den Nom. nach Präpositionen
s. Stimming, B. Born1 1, 6 und Tobler, Verm. Beitr. 1 2, 2706°.
2"]. Lo für handschr. so; vgl. die Anrn. zu aguilos, v. 3.
28. encontra „im Vergleich mit" (Sw. 2,447,2), hier eher
„in Anbetracht".
31. coma „Kopf, Scheitel", Sw. 1,291. — Für den schon von
den ältesten it. Dichtern angewandten griech. Akkusativ, der doch wohl
in coma tonduiz vorliegt, gibt Diez, Gramm. S. 852 Belege wie una
donna lo cor cangtata, occhi gioconda, una fenice ambedue Vale di porpora
vestita. Levy, der im Sw. 2,449 v- 3l — 33 anführt, schreibt dorn a
tondutz.
1 Daraufhin schreibt mir Herr Prof. Emil Levy soeben, er verstehe die
Stelle anders; v. 14 — 17 übersetzt er so: „Deshalb lobe ich euch und danke
euch dafür, dafs ihr nie einen gemeinen Menschen oder Narren liebtet, sondern
ihn floht (vermiedet), wie ich die Kampfreihen des Turniers (eigentlich auf-
marschiertes, in Reihen geordnetes Turnier) floh, denn ich bin nie mehr bei
einem solchen (* = dabei) gewesen, seit ihr es mir verboten habt."
K olsen, Dichtungen der Trobadors. 5
66 Nr. 12. R. d'Aurenga,
SS- Entopenatz hält Appel (bei Levy, Sw. 2, 449 b) im Hin-
blick auf das neuprov. entoupina „emmitoufler, calfeutrer" für besser
als das encopenatz der Hss., das Rochegude „empanache", Stichel
„mit einem Federbusch versehen" deutet. Wie hier dann c in den
Hss. für das ähnliche / gesetzt wäre, so hat umgekehrt /in v. 15
/ statt c in quant statt qu'anc.
34. tant amistatz. Tant (adv.) mit folg. Subst. im Plur. =
„so viele"; s. Appel, Chr. 309a. Vgl. pro „viel" mit dem Subst.,
nicht nur im Plur., wie Sw. 6, 564, 2, sondern auch im Sing.,
wie pro enoia, Dichtungen, Nr. 2, v. 24 zeigt.
35 und 36 sind von Hensel, Vögel, S. 636 mifsverstanden,
wenn er meint, der Dichter spreche von einem Manne, der ihn
sehr freundlich behandle, weil er seinem tresol lanier ein Hühnchen
gegeben habe. Raynouard 5,412 b übersetzt die drei letzten
Wörter fälschlich: sont tiercelets lanier s.
12.
Raimbaut d'Aurenga,
Assatz m'es belh (Gr. 389, 17).
C 199 (MG. 354), D 90, M 136 (MG. 326), N2 12 (Arch. 102,
179). — Str. I: Raynouard, Choix V, 411 und MW. I, 79. —
Nicht benutzt IKR. — Orthographie nach C.
Von den Hss. CD M N2 sind nur CD vollständig. In v. 6
ist die Lesart von DM besser als die von CN2, da die Reim-
wörter von C N2 nicht, wie es in diesem Gedicht erforderlich
ist, im Reime wieder begegnen, während das cuidan von DM
in v. 18 wieder vorkommt. Wo N2 fehlt, sind DM besser als C
in v. 18 und 22; wo M fehlt, sind CD in v. 44, D N2 in v. 42,
49, 63 vorzuziehen und C N2 in 5, 54, 65. C allein bietet Besseres
in v. 39, D in 38, 51, N2 in 44, 69, 72.
Das Gedicht ist ein Vers (s. v. 71), der aus sechs elfzeiligen
Strophen und drei dreizeiligen Geleiten besteht. Die Strophen
sind coblas ternas; je drei aufeinanderfolgende haben nämlich die-
selben Reimendungen. Das Schema 4a 4a 4b 4b 8c 4d 4d
8c 4e 4e 8c steht als einziges dieser Art bei Maus unter Nr. 173.
Die Endung c geht durch alle Strophen. Die Reimwörter der
a-, b-, d-, e-Reime wiederholen sich sämtlich und von den
c- Reimen die Wörter cossens, sens (cens), guirens und maldizens. Der
eigenartige Dichter (s. v. 28 ff. u. d. Anm.) stellt also die Regel von der
Nichtwiederholung der Reimwörter absichtlich auf den Kopf, um
sich auch dadurch von seinen übrigen Kunstgenossen zu unterscheiden.
Assatz m'es belh (Gr. 389, 17). 67
I- Assatz m'es belh
Que de novelh
Fassa parer
De mon saber
5 Tot plan als prims sobresabens,
Qui van cuidan
Qu'ab sen d'enfan
Die e fatz mos captenemens,
E sec mon cor
10 E mostri for
Tot aisso, don el m'es cossens.
II. Qui qu'en favelh,
Lo m'es pro belh,
De mon saber;
15 Qu'en sai mielhs ver,
Si tot no suy mout conoyssens,
Que'l trop parlan,
Qui van cuidan:
,Folhs es. Non es? Si es sos sens.'
20 Quar tost salh for
Ab belh demor
Gen motz leugiers, cortes talens.
III. Ab son novelh
Die e favelh
25 E fatz parer
Mon cubert ver
Lay on tanh que sia parvens
Que son effan
Li mielhs parlan
I. 1 Astatz N2, Ära C Rayn. 5 Toz plans D M; sobresaben D
6 conhdan C, comdan N2 7 cen N2 8 mon D M; catenemen D 9 Eu D
10 En m. C Rayn., E mon trist N2 II aissi M, aco N2; dorn D; il M,
ilh C Rayn., ill £>; mi (me M) consen D M
II. 14 Damors. N2 15 Qui en A™; meilh M, nuls D \bfehÜN2\
conoissenZ) 17 fehlt N2; Qet.M 18 fehlt N2; v. diguan C 19 fehlt
N2; non es son sen D 20 fehlt N2\ sal D, faill M 21 fehlt N*; AC
22 fehlt N2 ; mout C- leugier c. M, H uier c. D, leu lesforses C\ talen D M
III. 23— 24 fehlt N2 25 El fas N2 26 fehlt N2 27 paruen D
28 Quen C; s.] con N2; enfan DM, onfan A72 29 Lo mils D, Moutmeill M
5*
68 Nr. 12. R. d'Aurenga,
30 Vas me e sai qurm n'es guirens,
Ab quem demor
Gen dins mon cor
Si que ' 1 ditz no * m passa las dens.
IV. Quon am? Ar die
35 Qu'aissi ses tric
Lieys qu'amar deg
Que'l miels adreg,
S'eran cert com l'am finamens,
N'irion sai
40 Preguar hueymai
Que'ls essenhes cum aprendens
De ben amar
E neus preguar
M'en venrion dompnas eine cens.
V. 45 Ben ai cor ric
Plus qu'ieu non die
E tan adreg
Que duc ni reg
No prez, si no'm prez'eissamens.
50 A cuy non play,
Hieu son de say:
. ,Et amarai mos bevolens'.
No vuelh preguar;
Que miels m'es car
55 Qu'om mi prec qu'ieu prec manhtas gens.
30 qui nes D\ guiren DM 31 queu DM; damor D 32 Gr. diz D,
Gandic M 33 dir C; non N2, no D; la M\ den D
IV fehlt M. 34 Don damar (damor N2) die D N2 35 Can si D,
Canisi iV2; qestric N2 36 deing D 37 Que m. N2; mils adreig D
38 Si eron cent C, Se tant sert N2; lan D; finamen CD 39 Melion
fai D, En rizen sai N2 40 Prengam N2 41 Quel sen con apren D
42 annar C 43 E neis N2, En ems D 44 uenian N2; cen D, sens C
V fehlt M. 46 qe non N2 48 duex C; reig D 49 No pres N2,
No prec C; non p. eissamen D, no prezaua mens C 50 nom C 51 Em D;
soi N2, suy C 52 E ameraz mon bon uolen D 53 Non D 54 mer C\
dar D 55 moutas ienz N2\ Que som p. mi quen preges gen D
Assatz m'es belh (Gr. 389, 17). 69
VI. L'enojos tric
Sian del ric
Sobeiran reg
Maudig e deg
60 Dels janglos parliers maldizens!
Gic m'en hueymai;
Que*l dirs no'm plai,
Tan m'es lur mentaures cossens.
Que s'ilh tot car
65 Meron, amar
No-ls poiria, que'l cor m'en vens.
VII. Pauc sap d'amar
Qui tem preguar
Deu qu'el abais los maldizens.
VIII. 70 Tu voil pregar
Vers ab dick car
Ca leis en Urgel represens.
IX. Ab talen car
Si*m fai amar
75 E'l bon esper; qu'eu n'ai guirens!
VI fehlt M. 56 Denoios C 57 Si dol del C 58 S. (ric) r. N*
59 Maldigz e degz D 60 D. p. iamglos mals dizens N*, Delj. parlar mal
disen D 61 Cic N* 62 Cal D\ dir C; non D N* 63 1.] lo N*-y
mentaure CD; cosen D, non sen C 64 tut N*, tug C\ dar C D N*
65 Moron D 66 Nuls N*, Non D\ men uen D
VII fehlt M. 69 Dieus D N%\ quil bais lo mal dis mauen D, quel
maldia los manens C
VIII fehlt CM. 70 Ei v. D 71 Ab diz D, quit dis N*\ dar D N*
72 Que lai en U. capresen D
IX fehlt CMN2. 73 dar D 75 guiren D
I. Es erscheint mir sehr ratsam, den spitzfindigen, überklugen
Leuten aufs neue von meinem Können eine ganz richtige Meinung
beizubringen, ihnen, die da denken, ich spreche und betrage mich
kindisch; aber ich folge meinem Herzen und zeige nach aufsen
alles das, wovon mein Herz heftig bewegt („kochend") ist.
70 Nr. 12. R. d'Aurenga,
IL Wer auch über mein Können reden mag, mir ist es sehr
recht (dafs man darüber spricht) ; denn wenn ich auch nicht sehr
klug bin, so kenne ich doch seinen (meines Könnens) wahren Zu-
stand besser als die Schwätzer, die da klügeln : „Er ist albern,
nicht wahr? Ja, er hat einen törichten Sinn." Denn schnell und
lustig entschlüpft in artiger Weise ein leichtfertiges Wort und offen-
bart sich höfisches Wesen.
III. Mit neuer Weise dichte und singe ich und zeige eine
verborgene wahre Art, wo sie kenntlich sein soll, so dafs die
Beredtesten reine Waisenknaben („Kinder") gegen mich sind, und
ich weifs, wer mir darin (im Dichten) hilft,1 was ich aber hübsch
für mich behalte, wofern mir der Mund nicht davon übergeht.
IV. Wie ich liebe? Nun, ich sage, dafs ich die, der meine
Liebe gehört („die ich lieben mufs"), so aufrichtig liebe, dafs die
Wackersten, wenn sie nur wüfsten, wie treu ich sie (die Dame)
liebe, aus ihrer Heimat („von da") hierher kämen, mich zu bitten,
dafs ich sie nunmehr als Schüler im rechten Lieben unterweise,
und sogar eine Menge Damen würden mit dieser Bitte2 zu mir
kommen.
V. Ich habe in der Tat ein Herz, das stärker ist, als ich
sage, und so aufrecht, dafs ich keinem Herzog und keinem König
Ehre erweise, wenn sie mich nicht ebenso ehren. Wem das
nicht zusagt, dem rufe ich von hier aus zu: „Ich werde diejenigen
lieben, die mir wohlwollen." Bitten will ich nicht; denn es ist
mir lieber, dafs man mich bitte, als dafs ich viele bitten sollte.
VI. Die ärgerlichen Täuschungen und Laster der spott-
süchtigen, geschwätzigen Verleumder mögen von dem mächtigen,
erhabenen König (von Gott) getadelt werden ! Ich kümmere mich
von nun an nicht mehr um sie; denn das Dichten gefällt mir
sonst nicht, so schmerzt es mich, ihrer Erwähnung zu tun. Denn
wenn sie (es) mich auch teuer büfsen lassen, so könnte ich sie
doch nicht lieben, da mein Herz darin stark bleibt.
VII. Wenig versteht vom Lieben, wer sich scheut, Gott zu
bitten, dafs er die Verleumder erniedrige.
VIII. Wiederhole doch gefälligst der Dame in Urgel den
Vers mit der freundlichen Rede.
IX. Sie macht, dafs ich sie mit herzlicher Neigung liebe,
aber auch mit guter Hoffnung, denn dafür habe ich Bürgen!
4. mon saber. Das Subst. saber bedeutet hier, wie v. 16 zeigt,
nicht soviel wie nfz. le savoir „das Wissen, die Wissenschaft, Ge-
lehrsamkeit", vielmehr scheint es dem saber — saber dire Chabaneaus
1 Die Geliebte, deren Namen er aber nicht verraten will.
2 Wohl, ihre Liebhaber darin zu unterrichten.
Assatz m'es belh (Gr. 389, 17). 71
bei Levy, Sw. 7, 389, 5 zu entsprechen. Das „Können" stimmt
dann auch zu des Dichters Bemerkung in v. 28 und zu seiner in
der Anm. zu diesem Verse wiedergegebenen Äufserung.
5. prim und sobresaben sind im üblen Sinn aufzufassen; zu
letzterem vgl. sobresaber „zu grofse Weisheit", Sw. 7,718.
13. lo als neutraler Nom., Sw. 4, 414.
18. cuidar „meditieren, grübeln, klügeln", wie auch lat. cogilare.
22. Fols chantaire cortes nennt Raimbaut sich MW. 1, 75.
Von seiner bela foldatz spricht auch G. de Bornelh in dem planh
auf Linhaure = R. d'Aurenga, Ausg., Nr. 76, 41; in Nr. 49, 24
heifst es bei Giraut: Pero sens, pretz e folia Chascus a sas vetz,
Qui be-ls assembla ni'ls tria und in Nr. 41, 17 E no'tn par Com
sia cortes Que tot jorn vol esser senatz.
24. Favelar ist nicht „improviser", wie Rayn. 3, 246, 6 es
an dieser Stelle übersetzt, sondern „parier; chanter" (Pet. Dict.).
28. Wie eingebildet der Dichter auf sein „Können" war,
das zeigt der Umstand, dafs er sich am Ende seines no sai que
s'es (Bartsch-K., Chrest. 74) cel que sap ben far iota fazenda, quan
se vol nennt, sowie seine Worte MW. 1, 70: Qu'anc pus Adams
rnanget del pom, Nom val(c) d'un, qui que s'en bruja, Lo sieus tro-
bar(s) una raba Contral mieu.
30. Über die „Hilfe", welche die Dame dem Trobador ge-
währt, indem sie ihn zum Dichten anregt, vgl. G. v. Bornelh (Berlin,
1894), S. 122, 11,3.
33. si que — no. Wie lat. sie zur Angabe der Bedingung und
Einschränkung gebraucht werden kann, so ist wohl auch hier si
„doch so, mit der Einschränkung, dafs" und si que — no „wofern
nicht". — Passar las denz findet sich gleichfalls G. de Bornelh,
Nr. 8, 34. Zum Sinne vgl. das Sprichwort: Wefs das Herz voll ist,
defs geht der Mund über.
3J. miels =■ plus, hier und v. 54; s. Sw. 5, 179, I.
39. n'irion; vgl. it. andarne für andarsene, Vockeradt §446,5.
41. In Gr. 389, 18, MW. 1, 71, Diez, L. u. W.2 58, gibt
Raimbaut in der Tat Liebesregeln, aber solche eigener Art.
44. eine cens. Approximativzahlen verwendet der Dichter mit
Vorliebe; MW. 1,67 sagt er E me fai sos ris plus jauzen Quesrm
rizian quatre cen Angel, qwm deurian gaug far und MW. 1,77
Car vos valetz las melhors cen.
48. reg „König" steht hier und v. 58 im Reime; in Sw. 7, 183
findet sich für diese Wortform nur ein Beleg aus einer Urkunde.
51. sonar m. Dat. „anreden, zu jmd. reden", Sw. 7,813,2;
sott hier „ich rufe zu" ist von CN* für die 1. P. sing, praes. von
eser gehalten und durch suy und soi ersetzt worden.
52. Et direkte Rede einleitend, Sw. 2,312,3.
53. No~\ oder no-n, ich will nicht darum (um das Wohl-
wollen) bitten?
59. deg findet sich bei R. d'Aurenga als Reimwort öfter, so
in zwei Zitaten im Sw. 2,21/2.
72 Nr. 13. Peire de Gavaret,
64. sHlh tot car meron; andere Beispiele für si tot „obwohl"
mit dazwischen stehendem Subjektspron. gibt Levy, Sw. 7, 647, 17.
— car schreibe ich statt des dar der Hss., da der Dichter, der
doch alle Wörter der e- Reime wiederholt, sicherlich das car aus
v. 54 hier abermals in den Reim setzen wollte; dazu vgl. eser car
Sw. 1, 208, 1 und merir car Sw. 5, 237,4. Somit wird es auch
im 2. und 3. Geleit car statt dar heifsen müssen, zumal dort eben-
falls der Sinn unter dem Wechsel nicht leidet.
72. Über die Gräfin von Urgel s. Chabaneau, Biogr. S. 77 a
Anm. 1, G. v. Bornelh (Berlin, 1894), S. 63 Anm. und Bergert,
Damen, S. 40. — repreze?itar finde ich in der Bedeutung „wieder-
geben, wiederholen" noch nicht belegt; aber lat. repraesentare be-
gegnet in diesem Sinne. — Hs. D hat Que lei en Urgel capresen,
und es will mir scheinen, dafs v. 72 in dieser Lesart dem letzten
Vers der an den Spielmann Rossignol gerichteten Strophe, die in
der prov. Biogr. Raimbauts enthalten ist, zu Grunde liegt, ja, dafs
die ganze Strophe nur eine Umdichtung unseres 2. Geleites ist,
die etwa der Eitelkeit eines Spielmannes, der statt des tu seinen
Namen genannt wissen wollte, ihr Entstehen verdankt. Aus dem
vers ab dich dar der Hs. wurde dort una leu chansoneta und dann
heifst es weiter: Qem portaras a iornom (1. iornau, wohl im Reime
mit esjau, „bei Tageslicht, Anbruch des Tages"?) A la contessa
valen Lai en Urgel per presen. Die Befürchtung Chabaneaus,
Biogr. S. 77 b Anm. 1, ein anderes Gedicht Raimbauts, dem die
Rossignol-Strophe angehörte, sei wahrscheinlich verloren gegangen,
ist demnach gewifs unbegründet.
74. Dafs Raimbaut die Gräfin verehrte, braucht nicht wunder-
zunehmen, wenn man sieht, dafs auch Giraut de Bornelh sie in
Nr. 21, 53 preist als die cotntess'ab cui jois nais E sabers e prelz
verais.
13.
Peire de Gavaret,
Peironet, en Savartes (Gr. 343, 1).
A 198 (570; Arch. 34,191), D 206.
Die beiden Hss. ergänzen einander. — Orthographie nach A.
Das Gedicht wird in A sirventes genannt. In der Tat ist es
ein Fragesirventes, dem das Antwortsirventes Gr. 340,1 (Nr. 14)
mit gleichem Strophenbau und gleichen Reimendungen gegenüber-
steht; vgl. dazu Chabaneau, Biogr. 8.164a Anm. und 164b, sowie
Peironet, en Savärtes (Gr. 343, 1). 73
Seibach, S. 50 Anm., während P. Meyer, Chans, de la crois. 2, 30*8
beide Gedichte zusammen als eine Tenzone betrachtet.
Der Verfasser des Gedichtes wird in der Biogr. des Savaric
de Mauleon als Vizgraf und Gatte Guillelmas von Benauges (siehe
Dicht. Nr. 3, v. 86) erwähnt; sein Name rindet sich in Urkunden
von 12 ig und 1228 (Chabaneau, Biogr., S. 47, Anm. 10).
Das Fragesirventes besteht aus drei achtzeiligen coblas unts-
sonans und einer zweizeiligen tornada. Das Schema 7 a 7 b 7 a
7b ioc ioc iodw iodw führt Maus unter Nr. 359, 5 auf. Aufser
dem Antwortsirventes hat B. de Palasol 3 (Lex. r. 1, 359) denselben
Bau, c ist da -ir, d auch -ia, sowie R. de Vaqueiras 11 (MW. 1,360),
wo a -ir ist, d gleichfalls -ia und wo der Anfang der Str. V
Guionet, srm vols servir, Lo comte'm vai saludar E di . . . dem
Beginn unserer Dichtung entspricht. — Zweimal im Reime steht
mentir, v. 4 und 18.
I. Peironet, en Savärtes
Vai a*n Per de Durban ir
E digas li que vers es
Que la gensser ses mentir
5 Ab si'm colguet una nuoich per amor
E no lo * ill fi, de qe sui en error.
Per ti me man si es dreitz que m'aucia
O, s'ill me trac, si me fai cortesia.
II. Trahitz sui per aquels tres,
10 Don plus me cuidei gauzir,
E car aissi m'ant perpres,
Fui vergoignos al partir
E pregui Dieu qe'm don ir'e dolor
E que ja mais no'm don joi senes plor,
15 E si no'm fos tengut a vilania,
Eu me meira monges en l'abadia.
III. Ben volgra tot mon arnes
Aver donat ses mentir,
Que a las dompnas plagues
20 Qe'm deignesson captenir
I. 1 Peronet e S. D 2 an peire A ; den D ; durbandir D, burban. A
3 digaz D 5 Cab A D 6 lo fi A 8 sils m. t. si sera c. A
II. 11 aissimen per D 13«. 14 des D 16 morgesZ?; enlabaiaZ»,
dun a. A
III. 18 senes m. D 20 degesson A
74 Nr. 13. Peire de Gavaret, Peironet, en Savartes (Gr. 343,1).
Del faillimen q'ai fach vas la genssor
E non per so c'anc ncrm viriei aillor,
C'ab si'm colguet una nuoich per paria
E ges ncrm puosc vanar qe sos drutz sia.
IV. 25 Dompna, s'oimais vos lais de drudaria,
Vostr'er lo dans e l'anta sera mia!
21 uers la D 22 no v. D 23 per paor A 24 sons d. D
IV. 25 Dompnas o. A; de] eu D
I. Peironet, gehe nach Savartes zu Herrn Peter von Durban
und sage ihm, dafs die, die ganz gewifs die Schönste ist, mich
tatsächlich einmal nachts um der Liebe willen zu sich nahm; die
höchste Gunst aber erlangte ich von ihr nicht, weshalb ich mir
keinen Rat weifs. Durch dich möge er mir sagen lassen, ob es
recht ist, dafs sie mich quäle, oder ob sie freundlich an mir handle,
wenn sie mich hintergeht.
II. Verraten haben mich jene drei Männer, von denen ich
am meisten Freude erwartete, und weil sie mich so für sich ein-
genommen haben, war ich beim Scheiden beschämt,1 und ich bitte
Gott, mir Kummer und Schmerz und nie mehr Freude ohne Weinen
zu geben,2 und würde ich dafür nicht geschmäht, so würde ich
mich als Mönch in die Abtei begeben.
III. Meine ganze Habe hätte ich fürwahr gern hingegeben,
wenn die Damen mich vor dem Fehler hätten bewahren wollen,
den ich betreffs der Hübschesten gemacht habe, nicht etwa, weil
ich mich niemals einer anderen zuwandte, sondern dadurch, dafs
sie mich einmal nachts zur Gesellschaft zu sich nahm und ich mich
von ihr habe hinters Licht führen lassen („ich mich doch durch-
aus nicht rühmen kann, ihr Buhle zu sein").
IV. Herrin, wenn ich euch künftig mit meiner Liebe in
Frieden lasse, so werdet ihr den Schaden und ich werde den
Spott davon haben!
1. Peironet ist ein Spielmann. Savartes liegt im Gebiete von
Saverdun, Dep. Ariege.
2. Per statt Peire; vgl. en Pier, Appel, Chrest, St. 90, 57. —
Peire de Durban begegnet in einer Urkunde von 1238 (Chabaneau,
1 Dafs ich mich so von ihnen hatte täuschen lassen.
2 Die Selbstverwünschung entspringt dem Unwillen des Dichters über
seine Torheit und geringe Menschenkenntnis.
Nr. 14. Peire de Durban, Peironet, ben vos es pres (Gr. 340,1). 75
Biogr. S. 164, Anm. 3). — ir fehlt in A. In durbandir von 'i)
gehört das d vor ir wohl zum Namen, der also dann in D Durband
lautete, denn dir zu lesen, wäre kaum möglich, weil ja e digas folgt.
Für ir finden sich Beispiele bei Raynouard 3, 570 b und in Appels
Chrest, St. 25,42; zu vai ir aber vgl. man s'en van anar und s'en
van venir Appel, Chrest, St. 9,25 und 9, 164.
4, 5. ses mentir wiederholt sich v. 18, und v. 5 kehrt, nur
mit anderem Reimwort, in v. 23 wieder.
6. faire lo prägnant von der geschlechtlichen Vereinigung,
Sw. 3, 380, 2.
8. trac = trai; s. dafür die Form trag Mahn, Gramm. S. 259.
16. meira, Kond. b von metre, ist noch nicht belegt, verhält
sich aber zu der von Schultz-Gora, Prov. E.-B., S. 99 verzeichneten
Perfektform meiron wie feira von far zu feiron.
21. faillimen ist im ersten Falle „Fehler", im zweiten
„Fehlschlag".
2^. Am Anfang des Verses ist ?nas per so zu ergänzen.
14.
Peire de Durban,
Peironet, ben vos es pres (Gr. 340, 1).
A 203 (584; Arch. 34, 193), D 206. — Text und Orthographie
nach A. Das Gedicht ist ein Antwortsirventes. P. de Durban
gibt darin Gavaret Bescheid auf seine ihm durch den Spielmann
Peironet übermittelte Frage (s. Nr. 13). Schema und Reim-
endungen sind die nämlichen wie im Fragesirventes; die Antwort
ist aber um eine Strophe länger als die Anfrage. Als Reim-
wörter begegnen zweimal /res v. 1 1 und 25, ferir v. 18 und 26
und in verschiedener Bedeutung pres v. 1 und 17; die Reimwörter
es, tres, amor, error, cortesia sind beiden Gedichten gemeinsam.
Peironet, ben vos es pres
Car sai vos a faich venir
Gavaretz, si m'ajut fes,
Car vol de sidonz auzir
I. 4 sidous jauzir D
76 Nr. 14. Peire de Durban,
5 Conseil d'aisso, don estai en error;
Q'ieu sai jutgar los tortz e-ls dreitz d'amor,
E la dompna non fara ja foillia,
Anz faillira, si mon conseill cambia.
IL Eu jutge qae razos es,
10 Com no m'o pot contradir,
Qe'ls rend'a sidonz totz tres
Per desfar e per aucir;
Que nuills rics hom non deu auzir traichor,
Que traichers es qui faill a son seignor,
15 E la dompna fara gran cortesia,
Srn fai tot so q'ieu l'aconseillaria.
III. Eu conseill que sion pres
E c'om los fasa ferir,
E l'uns dels tres sia mes
20 En loc, don non vei'eissir,
E'il doi sion pendut sotz cobertor,
Car failliron a la cocha major,
E si per so uns dels tres no*s chastia,
Mal perda Dieu, qui mais en lor se fia.
IV. 25 Malvatz compaignos ac tres
Gavaretz, q'anc venc ferir
Que l'us fo fals e mespres
De so qe*l degr'envazir,
E'il dui foron trepan ab lor
30 E'l terz pican sul portal de la tor
E puois agron del tot la seignoria,
E done s'en als dos l',acala via'!
V. Amics Engles, la vostra tricharia
Mi fai estar ses dompn'e ses amia.
6 sa iugar D; el dreit D
II. 9 iuze D 10 men po D 11 totz res A {Studj) 13 deutener
t. D 14 tracher D 16 Sen D; la conseillaria A D
III. 20 ueia AZ>; ensir D 21 pendu D 22 faillirent D 23 un
d. t. nois A 24 deus D; sen f. D
IV. 26 quant D 29 furent frapan ab D 31 agran D 32 lacal
auia A, la calania D
Peironet, ben vos es pres (Gr. 340, 1). 77
I. Peironet, es hat sich wahrlich (für euch) gut getroffen,
dafs Gavaret euch hierher gesandt hat, da er betreffs seiner Dame
in einer Angelegenheit, wegen der er in Verlegenheit ist, einen
Rat hören will; verstehe ich doch zu beurteilen, was in der Liebe
unrecht und was recht ist, und die Dame wird doch keine Dumm-
heit machen; aber sie wird einen Fehler begehen, wenn sie von
meinem Rate abweicht.
IL Ich halte es für richtig, wie er auch nicht bestreiten kann,
dafs er sie alle drei seiner Herrin überliefere, die sie vernichten
und töten soll; denn kein vornehmer Mann soll (selbst) einem Ver-
räter Gehör schenken, — ist doch der ein Verräter, der seinem
Herrn gegenüber fehlt — , und die Dame wird sehr angemessen
handeln, wenn sie alles tut, was ich ihr etwa raten sollte.
III. Ich rate, dafs sie ergriffen werden und dafs man sie
prügle; der eine von den dreien soll in einem Räume eingesperrt
werden, aus dem er keinen Ausgang sieht, und die beiden anderen
mögen unter einem Dache aufgehängt werden, weil sie in der
gröfsten Verlegenheit versagten, und wenn sich trotzdem einer von
den Dreien nicht bessert, so soll, wer ihnen noch ferner traut, zum
Unheil auf immer verdammt sein.
IV. Gavaret hatte drei schlechte Gefährten, die er einst zu
schlagen kam, so dafs sich der eine in seiner Falschheit soweit
verging, * dafs er auf ihn eindringen sollte (?), und zwei (jener und
noch ein anderer) tollten miteinander umher, und der Dritte schlug
oben auf die Tür des Turmes, und dann beherrschten sie alles,
und so gebe man zweien ? von ihnen den Abschied!
V. Freund Engles, eure Betrügerei läfst mich ohne Geliebte
und ohne Freundin sein.
In der Hist. litt, de la Fr. 19,609 heifst es, P. de Durban
habe die Antwort auf die obszöne Frage Gavarets absichtlich
dunkel gehalten. Meines Erachtens hat der Dichter sagen wollen,
nach der von ihm in den Vordergrund gerückten Bestrafung der
drei Spielverderber, die eigentlich am besten durch die betreffende
Dame ausgeführt werden sollte, aber doch wohl schliefslich von
Gavaret vollzogen werden würde, und nach der Entlassung der
beiden schlimmsten Störenfriede werde Gavaret sein Ziel bei seiner
Dame doch noch erreichen.
17 — 20 zitiert Levy, Sw. 2, 343, 1 1 als Beleg für eisir „Ausgang".
21. cobertor, das Levy, Sw. 1,269, wo er Str. III zitiert, un-
erklärt läfst, ist wohl, wie cobert 1 und coberta 4 im Sw., mit „Dach"
zu übersetzen. Die beiden sollten „unter einem Dache aufgehängt
1 Der Dichter sieht wohl in seiner Phantasie schon die Szenen, die sich
bei Befolgung seiner Ratschläge abspielen werden, voraus.
2 Gewifs den beiden Schlimmsten.
78 Nr. 15, Lo Vesques de Clarmon,
werden", um nämlich Prügel zu bekommen; vgl. Georges unter
pendeo B 2 das Beispiel aus Terenz: Tu tarn pendebis „du wirst an
die (obere) Türpfoste kommen = Schläge erhalten".
32. lacal auia A, la calania D; wie refi. acalar (Pet. Dict.),
so wird wohl auch das intransitive „(se) glisser" und acala via
„entgleite" = packe dich (apage!) bedeuten. Donar V, acala via1
a alcu wäre dann „jd. den Abschied geben, ihn entlassen".
33. Engles ist sowohl Versteckname („Engländer") als auch
Personenname; vgl. Diez, L. u. W.2, 216, Anm. 2 und Chabaneau,
Biogr., S. 139 b.
34. dompna „Geliebte" steht hier neben amia „Freundin".
15.
Lo Vesques de Clarmon,
Coms, qe vol enseignar (Gr. 95, 1).
#55 (239; Arch- 34» 4*4 a).
Die zehnzeilige cobla des Bischofs Robert von Clermont hat
das Schema 6a 6a 6b 6a 6b 8b 8c^ 8c^ 8d 8d. Das Ge-
dicht ist bei Maus, der, in dem Glauben, v. 9 und 10 bildeten ein
Geleit, nur v. 1 — 8 in Betracht gezogen hat, von Nr. 113 nach
Nr. 115 zu übertragen. Es stimmt in Bau und Reimendungen
genau mit Gui d'Uisel 12 (Gr. 194, 12) überein.
Coms, qe vol enseignar
.£z/esqe a ssegnar,
Fora meilz c'aprezes
Com deges tornejar
5 En fort tornei espes;
Q'eu no cuit c'anc tornei vezes
Ni cocha qe gent fos ferida,
Se doncs no'i venc a meszauzida!
D'onor m'es vis qes eu ai tan
10 Qant el valra d'armas Rolan.
1 (.) oms Studj, Grundr., (L)oms Arch. 2 En uesqe 9 Donor
uisqes eu ai tan 10 il v.
Coms, qe vol enseignar (Gr. 95, 1). 79
Ein Graf, der einen Bischof das Weihen lehren will, sollte
lieber lernen, wie er in einem sehr grofsen Turnier kämpfen mufs.
Denn meines Erachtens machte er niemals ein Turnier oder einen
Kampf mit, wo er sich gut geschlagen hätte, wenn sie ihm nicht
etwa gar zur Schande gereichten! Mir scheint, dafs ich ebensoviel
Ehre besitze, wie er (besitzen wird), wenn er einmal einem Roland
an Waffen gleichkommt.
1. Die fehlende Initiale vor oms war wohl nicht durch L zu
ersetzen, wie das im Archiv geschah, sondern durch C, und als
erstes Wort der zweiten Zeile gehört gewifs Evesque in den Text.
Aus der vida des Dalfin d'Alvernhe, der ja coms d'Alvernhe war
(s. Chabaneau, Biogr., S. 54 a), wissen wir, dafs dieser mit seinem
Vetter Robert, von 11 95 — 1227 Bischof von Clermont, auf
Kriegsfufs gelebt und gegen den evesque cantaire ein heftiges
Sirventes gerichtet hat, in dem es heifst L'evesques me dis mal
segon sa felonia (Biogr., S. 55 b). Vielleicht ist also auch der in
der cobla von dem Bischof geschmähte Graf mit dem Delphin
identisch.
5. espes „gewaltig, stark (?)" bei Wörtern wie guerra, batalha,
Sw. 3, 264.
8. se doncs no „wenn nicht etwa", Appel, Chrest., S. 304 a.
— venir a „gereichen zu", Appel, Chrest., St. 13,48 (s'a Heys ven
a plazer) und B. Vent. (ed. Appel), S. 393 a. — Das Wort mesau-
zida ist noch nicht belegt; es ist = dezonor, denn auzida findet
sich bei Raynouard, 2, 150, I, II im Sinne von onor\ vgl. auch
afz. meso'ir.
9. Vor vis habe ich die dem Verse fehlende Silbe durch
m'es ergänzt. Nach vis m'es que kann auch der Ind. stehen; siehe
Meyer-Lübke, Gramm. 3,712; vgl. ferner vejaire m'es mit Ind. und
Konj., Appel, B. Vent., S. 393 b. — Gemeint ist also der höchste
Grad von Ehre.
10. qant el für qant el qan „wie er, wenn".
8o Nr. 16. 3. de Poizrenger, Mal'aventura (Gr. 48, i).
16.
Berenguier de Poizrenger,
Mal'aventura (Gr. 48, 1).
ZT 56 (243; Arch. 34, 414).
Das Archiv schreibt Petz renger, Barbieri (nach einer verloren-
gegangenen Hs.) Pois Ronges und Chabaneau, Biogr. 128b schlägt
dafür Pueyrenyer vor, indem er an den Ort Puyrenier (Dordogne)
denkt.
Die cobla besteht aus 8 Zehnsilblern ; für ihre Form ab ba
c^>d d Cu vgl. Maus 579,3 und Appel, BVent., S. 337.
Mal'aventura don Deus a mas mas,
Car an perdut cen solz de malgozres,
E refer ne als datz malas merces
C'anc no m'en valc soitils gitars ni plas,
5 De qe poges comprar una camisa,
Ab qe cobris mos codes, c'ai rognos.
E pois de datz no sui aventuros,
Ben degr'aver cal qe dompna conqisa.
1 . al 2 cenz s. d. malgones 4 s. zitars
Verwünscht seien meine Hände, denn sie haben hundert Sous
in Hellern von Mauguio verspielt, und ich weifs den Würfeln üblen
Dank dafür, dafs mir weder ein gekünsteltes noch ein ungekünsteltes
Werfen derselben je soviel einbrachte, dafs ich davon hätte ein
Hemd kaufen können, um meine krätzigen Ellbogen damit zu be-
decken. Da ich nun einmal im Würfelspiel nicht glücklich bin, so
hätte ich wohl in der Liebe Glück haben („irgend eine Dame
gewinnen") müssen.
2. malgoires, statt malgones in H, „Heller von Mauguio"
(Sw. 5, 64 b), einer Stadt im Dep. H6rault.
4. gitar „werfen (im Spiel)", BBorn1, ed. Stimming, Glossar.
5 — 6 zitiert Raynouard, Lex. 5, 1 1 1 b und v. 6 Lex. 2, 427 b als
von Ber. de Puivert herrührend.
ur
1 4. 3 2 J " Ab*chüd geb. n
acaniar S. 6o z. 40
'trlt'a««.,.„,%.
ans c^r i, 3- ■*
avan que ft^,,. , 6
-ö'au schlecht 2 13
cobertor Dach i4, 2I
co.ndesa (== coindj
corda Halsband 4, /I0 £rVw-
H,-o ^ewa"> Herrschaft 4 2?
'«&», entscheiden 3 8c yl
domneiar Wr„flrr* £ z>7IO «
Jon8^/iM^ end,alsAnrV)l ,8 V
doussor TW,, Wonne iltmn'
Maire ffo^ ^^
menarjoi/^/« r, 40
mesauzida Unehre, Schande ,5, 8
Lexikalisches.
Agout 1,68; S 9
Aimeric de ßelenoi S. 45 ff ,2ff
56ff.; dePegulha S.4c425;; 52ff-
Aimon S 56t 4b 55
AJaman 7,49
Alexandre de Bernay S. 34 z. r
Eigennamen.
halten 14 21 -schlage er,
V^ trotz 1,4 u. 6l
Pener ^Ww,r(?j f|
P'azer rf« Fähigkeit TS
bereiten, Untfrh'u, Ver*n**<» zu
Pnm spitzfi»dig. l2n*altefl«n 3. 26
AAS?**? * 53
reialWSt/^f I2.48u.58
remaner j^rfe„ *'g
reprezentar wieder *■*/,*
12,72 Wteaer^^», wiederholen
sSo°Lr^fW9'33 Va'r.5
soJalz Frohsinn 4 4Q
sonar a zurufen i'-> cr
^»vens ö/f 4, I02 "'
2, 22 *'"'*"' ^rrschen
tocar a «„ ^aj ^
traire malirait 6 30 7* 59
trepat samten (?) S. 65 z. 22
7&let™ert sein- hosten 3,6.
voler &«» 5 r0 ^ Nachtigall 2, 2
Alixandre 5,2; S. 3, z. 1
Amalrich S.44f. "**
Anjou; Graf v. A 4 80 • S ->, c
Aragon 7,61; 8,44
Beatrix (v. Savoyen) ,0,46; S. 56«
Bel-Desir, Versteckname bei Daude
de Pradas 2, 31
Benauga 3, 87; S. 21 z. 87
Berenguier de Palasol S. 73; de Poiz-
renger S. 80; de Puivert S. 80 z. 5
Beinart de Ventadom S. 13 z. 13; S. 39
z. 18
Bertran de Born S. 30 z. 78 fr.
Betleen S. 31 z. 117
Blacatz S. 65 z. 19 ff.
Blancheflore S. 8
Clarmon; Lo Vesques de C. S. 78 f.
Crist 9, I
Dalfin d'Alvernhe S. 79 z. I
Daude de Pradas S. 9 ff.
Eleonore , Gräfin v. Toulouse 7, 7 ;
S. 44 o. und z. 7; S. 51 z. 42
Engles 14, 33
Floris I, 65
Folquet de Marselha S. 4O1; S. 50 z. 15
Friedrich II. S. 43 ff.
Gaucelm Faidit S. 3ff.; S. 19; S. 51
z. 41
Gausbert de Poicibot S. 39 ff.
Gavaret 14, 3 u. 26
Giraut de Bornelh S. 8 z. 36 ; S. 12
z.io; S.29Z.55; S.39Z.18; S.460.;
S. 55 z. 16; S. 71 z. 22 u. 33; S. 72
z. 74
Granet S. 30 z. 78 ff.
Gui d'Uisel S. 78
Guilhelma de Benauga 3,86; S. 21 z. 87;
s. 730.
Guilhem de la Tor S. 31 ff. ; S. 35 ff.
Guilhem Rainol d'Apt S. 61 ff.
Guiraut de Manchac S. 20
Imo 10, 50; S. 561; S. 61 z. 50
Jakob I. von Aragon S. 44
Joan Esteve S. 40; S. 45
Joi-Novel , Versteckname für die Ge-
liebte bei Daude de Pradas 2, 19
Jolante von Aragon S. 51 z. 42; S. 55
z. 46
Jordana d'Ebrun S. 7
Karl I. von Anjou S. 30 z. 78 ff. und
Nachträge
Lambert li cors (tors) S. 34 z. I
Linhaure = R. d'Aurenga S. 71 z. 22
Los Mans 4, 79
Magret S. 65 z. 13
Mans ; Los M. 4, 79
Margarida d'Albusso S. 7
Maria de Ventadorn 3, 88 ; S. 7
Mascarose S. 20
Mauguio S. 80 z. 2
Miquel II, v. 21, 25 u. 29
Monferran 3, 89
Peire (Per) de Durban 13, 2 ; S. 75 ; de
Gavaret S. 72 ff. ; Rogier S. 60 z. 35
Peirol S. 56
Peironet 1.3,1; 14, 1
Pistoleta S. 13 z. 18
Ponz de Capdoill S. 31 z. 1 17
Prebost de Valensa S. 14 ff.
Proensa; comtessa de P. S. 561
Raimbaut d'Aurenga S. 66 ff. ; de Va-
queiras S. 56 und Anm. I ; S. 60 z. 19
Raimund VI. von Toulouse S. 44 o.
Robert de Clermont S. 78 f.
Rolan 15, 10
Rossignol S. 72 z. 72
Savaric de Mauleon S. 14 ff.
Savartes 13, I
Sordel S. 8 z. 59
Tors Tours 4, 79
Uc de la Bacalaria S. 19 ; de St. - Circ
S. 21 z. 87
Urgel 12,72; S. 72 z. 72
Nachträge.
S. 10, v. 4 lies No-m. — Zu S. 301 : Von Chabaneau wird Charles
d'Anjou nur frageweise als provenzalischer Dichter angeführt. Die
erste der beiden von Chab. erwähnten coblas hat auch nicht Karl, sondern
Raimon Berengar V. zum Verfasser (s. B. d'Alamanon, ed. Salverda de Grave,
S. 114). Es ist aber sicher, dafs Karl gedichtet hat, und zwar nicht nur in
französischer Sprache (s. Guy, Adan de la Haie, p. 170), sondern auch pro-
venzalisch. So sagt der unbekannte Dichter einer dansa von ihm: ieu ay
apres Que'l reys Karies fay gent chan (s. Arch. 134, 432). Auch ist
bekannt, dafs Karl der Gönner des Trobadors Guiraut d'Espanha gewesen
ist, der ihn feierte als den senhor Qu'es de plazen captenensa E coms d'1 Anjou
e d'onor E de pretz e de Proensa (Gr. 244, 9 I).
Druck von Ehrhardt Karras G. m. b H. in Halle (Saale).
PC
K6
Heft 1
Kolsen, .Adolf
Dichtlingen der Trobadors
Heft 1
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